Radikal verwässert: Das neue Lieferkettengesetz
Das jüngst beschlossene Lieferkettengesetz beendet das jahrzehntelang gepflegte Dogma der freiwilligen Unternehmensverantwortung. Es geht aber längst nicht weit genug.
Das jüngst beschlossene Lieferkettengesetz beendet das jahrzehntelang gepflegte Dogma der freiwilligen Unternehmensverantwortung. Es geht aber längst nicht weit genug.
Australien wollte Google und Facebook zwingen, ihre Werbeeinnahmen mit den traditionellen Medienunternehmen zu teilen. Doch die Internetkonzerne sitzen am längeren Hebel.
Korruption erfolgt systemisch, durch Eliten aus Wirtschaft und Politik, die sich an Regeln zu halten behaupten, die in der postdemokratischen Realität längst ausgehöhlt sind.
Ein Dogma gerät ins Wanken: die Schuldenbremse. Selbst in der großen Koalition wächst offenkundig die Zahl derer, die zunehmend an dem Haushaltsinstrument zweifeln.
Ende vergangenen Jahres wurde bekannt, dass der Krankenhauskonzern Asklepios einer Pflegerin gekündigt hatte, die in der Krankenhausbewegung Hamburg aktiv ist. Sie hatte zuvor öffentlich kritisiert, dass die Arbeitsbelastung für Pflegekräfte in ihrer Klinik während der zweiten Coronawelle immens gestiegen sei und sie sich auf den Intensivstationen um zu viele Patient*innen gleichzeitig kümmern müssten. Die Pflegerin erhielt bundesweit großen Zuspruch von Kolleg*innen in den sozialen Medien, die zahlreich ähnliche Situationen schilderten.
Zweifellos bestehen gravierende Unterschiede zwischen dem vor 150 Jahren gegründeten Kaiserreich und der Bundesrepublik. Doch es gibt auch überraschende Parallelen.
Die Coronakrise hat die Welt fest im Griff. Darüber geriet die Finanz- und Bankenkrise von 2008/2009 fast in Vergessenheit. Eine gefährliche Illusion.
Kann man gleichzeitig vorwärts und rückwärts gehen? Kann man die Herausforderungen der Zukunft in den Blick nehmen, das Lenkrad zur Kehrtwende einschlagen – und gleichzeitig mit Vollgas geradeaus weiterfahren? Genau das macht gerade die Europäische Union.
Bereits vor einem Jahr hätte der Bundestag den alle vier Jahre fälligen Bundesbedarfsplan für das Hochspannungsnetz verabschieden sollen, aber der Beschluss blieb bislang aus. Nun aber kam der parlamentarische Prozess endlich doch in Gang. Die Verzögerung offenbart die Konflikte um die Umsetzung der notwendigen Energiewende und insbesondere darum, wie der Strommarkt hierzulande und in ganz Europa organisiert ist.
Die Corona-Pandemie legt die Schwächen der Kulturnation Deutschland schonungslos offen. Für die Kulturschaffenden ist der gegenwärtige Lockdown nämlich alles andere als „light“: Vor allem sie sind von der totalen Schließung ihrer Spiel- und Aufführungsstätten betroffen. Und noch mehr als das: Die Kultur als identitätsstiftendes Leitbild bundesrepublikanischer Selbstvergewisserung gerät im Zuge der Pandemie radikal ins Wanken.
Zwar wird Joe Biden Amerikas nächster Präsident, aber der knappe Wahlsieg der Demokraten entsprach durchaus nicht der überwältigenden „blauen Welle“, die viele Demoskopen verheißen hatten. Die in der Tat schlagendste Erkenntnis des 2020er Ergebnisses ist vielmehr die Deutlichkeit, mit der dieses die tiefen Spaltungen der 2016er Wahlen erneut offengelegt hat.
Nach der Finanzkrise von 2008 schossen die Staaten weltweit mehr als drei Billionen US-Dollar in das Finanzsystem ein. Auf diese Weise wollten sie die Kreditmärkte wieder flüssig und die Weltwirtschaft wieder funktionsfähig machen. Doch statt der Realwirtschaft zu helfen – also den Sektoren, in denen tatsächlich Güter erzeugt und Dienstleistungen bereitgestellt werden –, landete der Löwenanteil der Gelder in der Finanzindustrie.
Nichts an Weihnachten ist so heilig wie das Weihnachtsgeschäft. Zumindest jenen Politikern und Ökonomen, die zuhauf vor der Horrorvision des Dezember-Lockdowns erstarren.
Vor fünf Jahren wurde der Weltklimavertrag verabschiedet – ein historisches Ereignis. Allerdings hinken die einzelnen Nationalstaaten bei der Umsetzung des Vereinbarten weit hinterher – ein klimapolitisches Versagen mit Tradition.
Investoren können Staaten auf milliardenschweren Schadensersatz verklagen, wenn sie ihre Rechte verletzt sehen – durch klimaschützende Regierungen, aber auch infolge von Corona-Maßnahmen.
Im Herbst könnte ein Volksentscheid in Berlin Geschichte schreiben – und den Mietmarkt weit über die Stadt hinaus auf den Kopf stellen. Denn im September stimmen die Berliner über die landesweite Sozialisierung von Immobilienfirmen ab.
Es gibt in der Geschichte, wie der Philosoph Gershom Sholem einmal sagte, so etwas wie plastic hours, „formbare Zeiten“ also, „historische Augenblicke, in denen es möglich wird zu handeln. Wenn man sich dann bewegt, geschieht etwas.“ In solchen Momenten erweist sich eine versteinerte Gesellschaftsordnung plötzlich als veränderbar, fortwährende Starre weicht der Bewegung und die Menschen wagen zu hoffen. Doch „plastic hours“ sind rar. Sie setzen die richtige Konstellation zwischen öffentlicher Meinung, politischer Macht und Ereignissen voraus – für gewöhnlich eine Krise.
Mit seiner Dankesrede auf dem Nominierungsparteitag der US-Demokraten weckte Joe Biden ein wenig Hoffnung: Als er gleich zu Anfang Franklin D. Roosevelts New Deal heraufbeschwor, schien es, als habe der demokratische Präsidentschaftskandidat zumindest in groben Zügen das Ausmaß der Coronakrise begriffen. Doch bevor Biden überhaupt zu sprechen begonnen hatte, untergrub der Kopf seines Übergangsteams, der frühere Senator Ted Kaufman, diese Hoffnung schon wieder.
Die Corona-Pandemie hat einen Paradigmenwechsel erzwungen: die Abkehr vom Dogma eines Staats ohne Neuverschuldung. Nun aber kommt es darauf an, die Begleichung der Corona-Rechnung sozial gerecht zu gestalten.
Die Dürresommer der vergangenen Jahre haben die hiesigen Wälder wieder in den Fokus öffentlicher Debatten gerückt. Dabei zeigt sich immer mehr: Der deutsche Wald befindet sich in einem gleich zweifachen Dilemma.
Seit Monaten wütet das Coronavirus in Lateinamerika. Von Mexiko über Brasilien bis Chile steigt die Zahl der Infizierten dramatisch – das berichten Korrespondenten in mitteleuropäischen Zeitungen. Weniger bekannt ist hingegen die Lage in Nicaragua und Kuba. In beiden Ländern sind einstige Revolutionäre oder deren Nachfolger an der Macht und reagieren gänzlich untypisch auf die Krise – allerdings mit je völlig unterschiedlichen Ergebnissen.
Als der Zyklon Amphan im vergangenen Mai den Golf von Bengalen heimsuchte, schien dieser erste große Sturm des Jahres in Südasien eine massive Bedrohung nicht nur für die Menschen zu sein, die in den Überschwemmungsgebieten an der Küste leben, sondern auch für die Tiere und Pflanzen – darunter viele gefährdete Arten –, die auf diese empfindlichen Ökosysteme angewiesen sind. Doch die Natur kam der Region zu Hilfe.
Wer angesichts des Klimawandels große sozialökologische Reformen wagen will, kann vom New Deal lernen. Denn es braucht die Bereitschaft zum Experimentieren und den Mut zum Konflikt mit mächtigen Interessengruppen.
Immer mehr Finanzmanager ziehen sich aus Geschäften mit Kohle, Öl und Gas zurück – aus Angst, durch den Klimawandel Rendite zu verlieren. Erleben wir also einen Kipppunkt in der Beziehung zwischen Finanzwelt und fossiler Wirtschaft?
Wie sieht die neue Normalität nach dem globalen Ausnahmezustand aus? Kann ein kurzfristig durch Corona geändertes Konsumverhalten auf Dauer gestellt werden – und wenn ja, wie?