Von Putin bis Erdoğan: Wie pazifiziert man die Revisionisten?
Immer wieder wird in Deutschland die Forderung nach einem Verhandlungsfrieden für die Ukraine laut. Das aber ist komplizierter, als viele wahrhaben wollen.
Immer wieder wird in Deutschland die Forderung nach einem Verhandlungsfrieden für die Ukraine laut. Das aber ist komplizierter, als viele wahrhaben wollen.
Auch wenn erfolgreiche Verhandlungen unter Feinden einer Quadratur des Kreises gleichen, sind Gespräche im Ukrainekrieg unbedingt geboten.
Seine Hände sind schwarz und abgearbeitet, das Schmieröl hat sich in die Haut gefressen und sitzt unter den Nägeln. Menschen mit solchen Händen wissen eigentlich zu arbeiten und tun es auch gern. Was sie arbeiten, ist eine andere Sache. Klein, still und besorgt steht er da und erzählt von der Situation an der Front.
Millionen Menschen ohne Strom, Wasser und Wärme – nach den russischen Angriffen auf die Infrastruktur droht in der Ukraine eine humanitäre Krise bisher unerreichten Ausmaßes.
Mit der weitgehenden Befreiung der Region Charkiw Anfang September ist der Ukrainekrieg militärisch und politisch in eine neue Phase getreten. Zum ersten Mal haben die ukrainischen Streitkräfte die militärische Initiative übernommen und in kurzer Zeit relevante Geländegewinne erzielt.
Die Frage des Kriegsausgangs in der Ukraine entscheidet mit darüber, ob der neue Totalitarismus gestärkt oder geschwächt wird – in Russland, aber auch weit darüber hinaus. Denn längst verfügt der neue Autoritarismus über starke Verankerungen im Rest der Welt.
Es war die schwerste Eskalation im langjährigen Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan seit dem Krieg um Bergkarabach im Herbst 2020: Am 13. und 14. September starben bei heftigen Kämpfen mehr als 200 Soldaten beider Seiten.
Angesichts eines drohenden kompletten russischen Gaslieferstopps wächst die Sorge, die EU könnte im Ukraine-Krieg ihre Durchhaltefähigkeit verlieren oder gar Kiew zu Konzessionen an Moskau nötigen. Den erforderlichen langen Atem werden die Europäer aber nur aufbringen, wenn die Solidarität nach innen und außen gestärkt wird, argumentiert der Grünen-Politiker Jürgen Trittin.
Wer gemeint haben sollte, nach Gerhard Schröders jüngstem Plädoyer für die Öffnung von Nord Stream 2 bliebe der Posten des pro-putinschen Tabubrechers unbesetzt, sieht sich eines Schlechteren belehrt. Denn auch hier gilt die Devise: Wo ein politisches Vakuum entsteht, bleibt dies nie lange unausgefüllt
Immer wieder ist derzeit Folgendes zu hören: Die Sanktionen wirken nicht wie gewünscht, sie schaden uns mehr als Russland. Moskau fahre im Wirtschaftskrieg besser als der Westen und werde viel länger durchhalten, als wir das könnten. Tatsächlich aber ist diese Erzählung auch Teil eines Propagandakrieges.
Finnland und Schweden haben nach Beginn des Ukraine-Krieges schnell ihre traditionellen sicherheitspolitischen Grundlinien geändert. Das konkrete Resultat dieser Veränderung ist, dass beide Länder im Mai die Mitgliedschaft in der Nato beantragten.
150 Tage nach Beginn des russischen Eroberungskriegs kann von einem Ende der „Spezialoperation“ nicht die Rede sein, im Gegenteil. Durch den Ukraine-Krieg droht eine neue Verfeindung der Welt. Für die Bewältigung der multiplen globalen Krisen wäre das verhängnisvoll.
Während in der Ukraine Bomben fallen und Raketen einschlagen, ganze Städte von den russischen Aggressoren dem Erdboden gleichgemacht und Zivilist*innen ermordet werden, geht das Leben in Russland weitgehend weiter wie zuvor.
In knapp einem Jahr finden in Italien Parlamentswahlen statt, und Premier Mario Draghi stehen turbulente Monate bevor: Die Corona-Pandemie ist noch nicht ganz besiegt, Italien muss sich weiter strikt an den Reformplan halten, ohne den kein Geld aus dem NextGernerationEU-Wiederaufbaufonds (NGEU) fließt, zudem bringen Inflation und steigende Preise die Wirtschaft ins Stocken, und ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist nicht Sicht.
Im November 2019 warnte Emmanuel Macron die Europäer aus dem Salon doré des Élysée-Palastes, in dem einst Charles de Gaulle Hof hielt, dass die Nato kurz vor dem „Hirntod“ stehe – und damit jene transatlantische Allianz, die Europa seit 1949 beschützt hatte.
Der Krieg in der Ukraine wirft Fragen von universellem Interesse auf, er betrifft uns und wird uns zunehmend mehr betreffen: unsere Gegenwart, unsere gemeinsame Zukunft, unseren Platz in der Welt. Bei diesem Krieg sind wir keine fernen oder neutralen Beobachter, sondern Teilnehmer, und sein Ausgang hängt auch davon ab, was wir denken und tun.
Der Krieg in der Ukraine droht zu einer Zeitenwende für ganz Europa zu werden; schon jetzt ist er eine große Prüfung auf die vielbeschworene Einheit der EU.
Inzwischen weiß jeder, wie abhängig Deutschland und Europa von russischem Gas sind – oder auch von russischem Öl oder russischer Kohle. Doch bei Uran denkt kaum jemand über die Herkunft nach.
Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt sich wie in einem Brennglas, dass die gesamte Weltordnung ins Taumeln geraten ist: Die Atommacht Russland agiert imperialistisch und will das Recht des Stärkeren kriegerisch durchsetzen – gegen die Idee einer regelbasierten Weltordnung.
Auch nach Monaten eines grausamen Angriffskrieges ist Russland weltweit nicht so isoliert, wie man es in den westlichen Hauptstädten gern hätte. Zwar beschränkt sich die offene Unterstützung der russischen Aggression auf fünf Länder ohne weltpolitisches Gewicht. Aber unter den Staaten, die eine ambivalente oder neutrale Haltung einnehmen, rangieren mit China und Indien zwei Schwergewichte und kommende Supermächte.
Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass sich die Gesellschaften des Gegenwartskapitalismus in einem tiefgreifenden Umbruch befinden. Die Spezifik der historischen Situation besteht im Aufeinandertreffen säkularer Umbrüche mit einer Serie externer Schocks.
Die deutsche Debatte in Politik und Öffentlichkeit folgt einem Pawlowschen Reflex: Kaum ist von Waffenlieferungen an die überfallene Ukraine die Rede, kaum präsentiert der Kanzler die Wehr-Bazooka in Höhe von 100 Mrd.-„Sondervermögen“ für die Bundeswehr, kaum wird das Zwei-Prozent-Stichwort mit Blick auf das Niveau des Verteidigungsetats in den Mund genommen, beklagt ein vielstimmiger Chor die „Militarisierung“ der Politik.
For God’s sake, this man cannot remain in power.“ Als US-Präsident Joe Biden diesen Satz am 28. März in Warschau aussprach, wurde er von der Welt-Diplomatie nur mit Kopfschütteln bedacht. Doch obwohl Biden inzwischen selbst in einem programmatischen Artikel für die „New York Times“ allen Regime-Change-Ambitionen abgeschworen hat, könnte der Satz richtiger und wahrer nicht sein.
Die Vorstellung, alles wäre wieder gut, wenn nur Putin aus dem Kreml verschwunden sei, hat in der Tat etwas Verführerisches: Wir könnten die Erhöhung der Rüstungsausgaben (mindestens) halbieren und abwarten, wie sich die neue Lage entwickelt; die Entkopplung der russischen und europäischen Wirtschaftskreisläufe müsste vorerst nicht vollzogen werden; und die Ukraine würde in den Grenzen von Anfang 2014 wieder hergestellt.
Russlands Oligarchen betreiben im Westen Geldwäsche im großen Stil und üben durch ihre Auslandsvermögen Einfluss auf die Politik. Können die EU-Sanktionen das ändern?