Das Jahr Eins ist vorbei
Langsam begreift es das Ausland. Deutschland ist feige geworden. Ganz anders als befürchtet.
Langsam begreift es das Ausland. Deutschland ist feige geworden. Ganz anders als befürchtet.
1. Paul Rohrbachs "Orangentheorie" scheint nach acht Jahrzehnten Wirklichkeit geworden zu sein, sein Traum vom Zerlegen des osteuropäischen Großreichs "wie eine Orange", um die Vorherrschaft des Deutschen Reichs in jenen Territorien zu sichern.
Himmelhoch jauchzend über das Ende des Putsches, zu Tode betrübt über den Zerfall der Sowjetunion - so die durchgängige Stimmungslage.
Mit dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni d.J. (Wortlaut in "Blätter", 8/1991, S. 1000-1011) sin d die deutsch-polnischen Beziehungen in ein neues Stadium getreten. Die Grenzfrage erscheint als endlich und endgültig offiziell geklärt.
Revolutionen sind wie Kriege. Ihr unmittelbarer Erfolg wird nach der Exekution der alten Führungsclique bemessen. Nur die Liquidation des ancien régime bereitet das Terrain so grundlegend vor, daß die Chancen für eine Neuordnung günstig erscheinen.
Ein wirklich guter Sportler läßt sich nach einem Sieg sein Triumphgefühl nicht anmerken. Er lobt das hohe Niveau des Spiels und gibt dem geschlagenen Gegner hilfsbereit Tips für die nächste Begegnung. George "Poppy" Bush hat diese Anstandsregeln seiner Mutter in Moskau nicht vergessen.
Der Meinungsstreit in der Frage eines Einsatzes der Bundeswehr außerhalb des NATO-Gebietes scheint nun auf eine politische Entscheidung im Bundestag zuzulaufen. Er hat durch den Golfkrieg zusätzlichen Schub erhalten.
Seit Ludwig Erhard aus der Plüschecke des deutschen Wohnzimmers den satten Bürgerspruch getan hat "Wir sind wieder wer", ist immer wieder mal aus dem einen oder anderen Anlaß das Ende der Nachkriegszeit festgestellt worden. Im vergangenen Jahr war es mit der europäischen Wende und mit der deutschen Einheit endgültig gekommen.
Wie immer der Golfkonflikt am Ende ausgehen wird, schon heute liegt auf der Hand, daß Operation Wüstenschild (der Aufmarsch von US-Streitkräften am Golf) und Operation Wüstensturm (der gegenwärtige Krieg gegen den Irak) ein neues Modell für die PentagonPlanung der 90er Jahre abgeben.
Im Golfkrieg ist bundesdeutscher verfassungspolitischer Sprengstoff plötzlich brisant geworden, an dem seit vielen Jahren in juristischen Fachorganen und verstreuten politischen und publizistischen Beiträgen gearbeitet wurde, der aber durch die Bildung des gesamtdeutschen Staates eine ganz neue Relevanz gewonnen hat.
Professor Wjatscheslaw Daschitschew vom Moskauer Institut für internationale wirtschaftliche und politische Studien (ehemals Institut für die Ökonomie des Sozialistischen Weltsystems) ist einer der profiliertesten sowjetischen Deutschlandexperten, der hierzulande u.a. mit unkonventionellen Auffassungen zur Frage der Einheit Aufmerksamkeit erregte.
"Im Westen nichts Neues!" Mit diesen Worten könnte man nach den jüngsten offiziellen Äußerungen die französische Militärpolitik charakterisieren. Nicht nur, daß Staatspräsident Francois Mitterrand auf dem letzten NATO-Gipfel die Zustimmung zu den die künftige Nuklearstrategie betreffenden Passagen verweigerte.