Die Wiederkehr des Imperialismus
Wir wissen unsere Knie erst dann wirklich zu schätzen, wenn sie nicht mehr funktionieren. Dasselbe gilt für die globale Ordnung: Ihre einstigen Vorteile werden erst deutlich, wenn sie zusammenbricht.
Wir wissen unsere Knie erst dann wirklich zu schätzen, wenn sie nicht mehr funktionieren. Dasselbe gilt für die globale Ordnung: Ihre einstigen Vorteile werden erst deutlich, wenn sie zusammenbricht.
Gangs, die das Nationalgefängnis stürmen und alle Inhaftierten befreien; Gangs, die die Rückkehr des Regierungschefs von einer Auslandsreise verhindern und ihn damit stürzen – die Nachrichten aus Haiti reißen nicht ab und gruseln das weltweite Publikum.
Selten schienen die Zeiten ungünstiger für den Universalismus Immanuel Kants und speziell für seine Ideen „Zum Ewigen Frieden“ als im Jahr seines 300. Geburtstags am 22. April 2024. Vor gut zwei Jahren hat Russland die Ukraine mit der Absicht überfallen, die angeblich faschistische Regierung in Kiew zu stürzen und das Land zu annektieren.
Nicht nur die Menschenrechte, sondern auch deren Urheberin, die Vereinten Nationen, befinden sich gegenwärtig in schwerer See. Wie wenig entscheidende Mitgliedstaaten die Organisation heute noch ernst nehmen, offenbarte die UN-Generalversammlung im vergangenen September.
Ambitionierter könnte ein Ziel kaum sein: In nur acht Jahren soll der dramatische Verlust der planetaren Biodiversität gestoppt werden.
Ein Treffen von 34 000 Menschen in klimatisierten Zelten mitten in der Wüste, an einem Ort, der ohne Flugzeug nicht erreichbar ist, und in einem Land, in dem Menschenrechte und Pressefreiheit nicht respektiert werden. Das war die 27. UN-Klimakonferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich.
Im Winter, wenn das Gras wieder knapp wird, werden die Wisente im Wittgensteiner Rothaargebirge Rinde fressen – und damit den Zorn der Waldbesitzer auf sich ziehen. Einst bewohnten die riesigen zottigen Wildrinder Europas Wälder, doch das ist lange her.
Das Militärbündnis der Nato bezeichnet sich seit seiner Gründung im Jahr 1949 selbst gerne als „Wertegemeinschaft“. Generalsekretär Jens Stoltenberg betont bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass die inzwischen 30 Mitgliedstaaten laut ihrer Gründungsakte „der UNO-Charta verpflichtet“ sind und darüber hinaus „den Prinzipien der Demokratie, der individuellen Freiheiten und der Rechtsstaatlichkeit“.
Derzeit erlebt die atomare Rüstung eine Renaissance – ungeachtet der verheerenden Zerstörungskraft nuklearer Bomben.
„Der Glasgow-Zug muss losrollen“, forderte der Chef-Verhandler des Inselstaates Tuvalu wenige Stunden vor dem Ende der 26. UN-Klimakonferenz (COP). Er bat alle Länder, dem Klimapakt von Glasgow zuzustimmen.
Pharmafirmen würden nicht mehr forschen – so lautet das Argument gegen den Wegfall von Patenten. Biontech/Pfizer und Moderna verdienen aber schon jetzt weit mehr, als sie in Corona-Impfstoffe investieren. Vor allem aber gefährden Patente die Gesundheit von Milliarden von Menschen.
Mit dem Abzug der Truppen aus Afghanistan endet der längste Militäreinsatz in der Geschichte der Nato wie der Bundeswehr. Zeit für eine kritische Bilanz.
Inmitten der Pandemie gerät der Friedensprozess in Kolumbien gefährlich ins Wanken. Verantwortlich dafür ist allen voran der amtierende Präsident Iván Duque.
Sein Team besetzt der designierte US-Präsident Joe Biden mit regierungserfahrenen Verbündeten. Wie sehr darf man da hoffen, dass die USA eine grüne Kehrtwende hinlegen?
Rasch und weitgehend unblutig zwang in Mali am 18. August eine Gruppe von Offizieren den Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta zum Rücktritt. Dies geschah quasi unter den Augen von 13 000 UN-Soldaten (darunter Bundeswehrangehörige) und einem tausendköpfigen Bataillon französischer Spezialkräfte, ferner europäischen Militärausbildern, US-Beratern sowie kaum zählbaren ausländischen Hilfsorganisationen. Die jungen Offiziere etablierten sich als „Nationalkomitee zur Rettung des Volkes“ und appellierten an die gesamte Gesellschaft, beim „Wiederaufbau Malis“ mitzuwirken.
Vor bald 80 Jahren, angesichts der beispiellosen Eroberungs-, Vernichtungs- und Zerstörungsaktionen des nationalsozialistischen Deutschlands, starteten die Alliierten der Anti-Hitler-Koalition ein ebenso beispielloses Unternehmen: Sie wollten nichts weniger als überkommene Kriegs- und Gewaltpraktiken und konfliktauslösende Strukturen ein für allemal beenden. Dieses ambitionierte Projekt ist untrennbar verbunden mit Roosevelts Rede von den vier Freiheiten am 6. Januar 1941 vor dem US-Kongress: der Freiheit der Rede und des Glaubens, der Freiheit von Furcht und Not.
Als erstes erscheinen am Himmel riesige, dunkle Wolken. „Kurz danach bemerkt man, dass sich diese Wolken schnell bewegen“, erzählt Cyril Ferrand von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). „Dann erkennt man, dass diese Wolken aus Millionen von Insekten bestehen.“ Ferrand leitet den Einsatz der FAO gegen die Wüstenheuschrecken in Ostafrika. Seit Monaten fallen hier und im Jemen gigantische Heuschreckenschwärme über Felder und Weideflächen her und verwüsten dabei ganze Landstriche.
Vor zehn Jahren, am 8. April 2010, unterzeichneten US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident Dmitri Medwedjew den New- START-Vertrag zur atomaren Abrüstung. Und schon 40 Jahre früher, am 5. März 1970, trat der Nichtverbreitungsvertrag (NVV) in Kraft, dem bis heute die meisten Staaten, 191 an der Zahl, beigetreten sind. Eigentlich ein Grund zu feiern, aber einige Partygäste sind tief zerstritten, allen voran die USA und Russland. Dies aber kann langfristig unabsehbare Konsequenzen für die Weltordnung haben.
Ein neues, globales Wettrüsten ist im Gange: Die Entwicklung autonomer Waffensysteme (AWS) gilt als die dritte Revolution der Kriegsführung – nach der Erfindung des Schwarzpulvers und der Atombombe.
Die Ergebnisse von UN-Klimakonferenzen erinnern immer öfter an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Das gilt auch für die COP24 vom vergangenen Dezember im polnischen Kattowitz: Beifall, Freudentränen und sogar ein Luftsprung des Verhandlungsführers Michał Kurtyka zum erfolgreichen Gipfel-Abschluss erweckten den Eindruck, es gebe gute Neuigkeiten.
Es könnten wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einer besseren globalen Regulierung von Flucht und Migration sein: Am 17. Dezember 2018 nahm die Generalversammlung der Vereinten Nationen den UN-Flüchtlingspakt mit großer Mehrheit an; nur Ungarn und die USA stimmten dagegen. Schon zwei Tage später, am 19.
Menschenrechte gelten als Grundpfeiler der Demokratie und Inbegriff europäischer Werte. Wie wenig diese Werte allerdings zählen, wenn die Interessen europäischer Konzerne im Spiel sind, demonstrierte die EU zuletzt im Oktober in Genf bei den Verhandlungen über ein UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten.
Noch nie standen die Menschenrechte, wie sie vor 70 Jahren in Paris niedergelegt wurden, derart unter Druck wie in diesen Tagen. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 wurden diese Rechte als universell verbrieft.
Gerade einmal 38 Minuten nahm sich der Bundestag jüngst Zeit, um die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Mali zu erörtern. Die Abgeordneten – Linke und AfD ausgenommen – hatten sich schon zuvor auf eine Zustimmung verständigt, obwohl die wenigsten unter ihnen ausreichend verstehen, was in Mali vor sich geht.
Für die Bundeskanzlerin hätte sich Mitte November ein Kreis schließen können. Zur ersten Weltklimakonferenz im Jahr 1995, der COP1, lud Angela Merkel die internationale Staatengemeinschaft noch als Bundesumweltministerin nach Berlin. 22 Jahre später tagte der jährliche UN-Gipfel vom 6. bis zum 17. November erneut in Deutschland.