Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt
Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben.
Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben.
Das Gesicht des sozialistischen Interim-Chefs sprach Bände: Im spanischen Parlament war am 29. Oktober soeben Mariano Rajoy von der konservativen Volkspartei (PP) als Premierminister im Amt bestätigt worden. Mit versteinertem Blick schüttelte Antonio Hernando vom PSOE dem alt-neuen Amtsinhaber die Hand und blickte dann demütig zu Boden.
Was haben wir Deutschen doch für ein Glück!
An den Anfang setze ich, aus aktuellem Anlass, eine These: Demokratie ist die einzige staatlich verfasste Gesellschaftsordnung, die gelernt und in ihrer komplexen Bedeutung verinnerlicht werden muss, und daher immer gefährdet ist.
Hass, Wut und Ressentiment, lange nicht wahrgenommen, aufgestaut oder schamhaft versteckt, bespielen die europäische Bühne. Kaum ein Land, in dem kein erbitterter Kulturkampf angezettelt werden soll – für das Abendland und gegen den Islam. Auch in Deutschland, lange Zeit vermeintliche Insel der Seligen, hat ein solcher Zeitgeist inzwischen massiv Einzug gehalten.
Wenn in einem Jahr – nach dem voraussichtlichen Einzug der „Alternative für Deutschland“ in den Deutschen Bundestag – die Frage nach dem entscheidenden Moment ihres Aufstiegs gestellt wird, dann dürfte der September 2016 eine maßgebliche Rolle spielen.
Seit acht Jahren ist Island die Insel der politischen Experimente. Der kleine Staat im Nordatlantik war das erste europäische Land, das in den Strudel der globalen Wirtschaftskrise geriet. Kurz nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers im September 2008 kollabierten die drei wichtigsten isländischen Geldhäuser und mit ihnen die Wirtschaft des Landes.
Was war das vor fünf Jahren für ein Hype um diesen wilden politischen Haufen in Latzhose und Jesuslatschen, fast wie bei den frühen Grünen. Als die Piraten am 18. September 2011 mit sensationellen 8,9 Prozent das Berliner Landesparlament enterten, wirkte das wie der Auftakt zu einer großen wunderbaren Geschichte.
Erst Brandenburg und Sachsen, dann Sachsen-Anhalt, jetzt Mecklenburg-Vorpommern und Berlin: Die Landtagswahlen der jüngsten Zeit haben eines bewiesen: Die AfD ist eine Herausforderung nicht nur für die Union, sondern auch für SPD und Linkspartei – und das trotz des erfolgreichen Ausreißers für Die Linke in Berlin.
Als sich vor exakt einem Jahr, am 5.
Nur fünf Monate konnte sich die selbst ernannte „Vaterländische Koalition“ Kroatiens an der Regierung halten, dann scheiterte das Bündnis aus nationalkonservativer HDZ und dem neoliberalen Wahlbündnis MOST (Brücke) an massivem gesellschaftlichem Protest. Schon am 11. September hält Kroatien vorgezogene Neuwahlen ab.
Am 16. Juni wurde Jo Cox, die junge Labour-Abgeordnete für Batley and Spen, in West Yorkshire auf offener Straße, vor ihrem Wahlkreisbüro, von einem rechtsradikalen Europahasser angegriffen und ermordet.
Mit dem Brexit haben die Briten Geschichte geschrieben. Wer diesen Tag jedoch für einen dauerhaft singulären hält, verharmlost das Ereignis. Das britische Beispiel könnte Schule machen, denn die wichtigsten Antriebe rechtspopulistischer Politik sind heute europaweit gleich. Sie basiert auf drei Arten von Gefühlen: Verbitterung, Wut und Angst vor der Zukunft.
Was wird jetzt, ob der Nominierung Hillary Clintons, aus Bernie Sanders Legionen? Sind sie stark und klug genug, die amerikanische Linke im weitesten Sinne und vor allem die Demokratische Partei zu erneuern?
Der US-Vorwahlkampf war so umstritten wie lange nicht, doch nun stehen die beiden Kandidaten fest: Donald Trump dürfte – auch wenn in einem Jahr der Überraschungen weitere immer noch möglich sind – Mitte Juli auf dem Konvent der Republikaner in Cleveland/Ohio als Präsidentschaftskandidat dieser Partei nominiert werden.
Es war eine erstaunliche Koinzidenz: Just an dem Tag, da in Stuttgart die erste grün-schwarze Koalition besiegelt wurde, verabschiedete die „Alternative für Deutschland“ nur wenige Kilometer entfernt ihr erstes Parteiprogramm.
Zweifellos stellen die Resultate der jüngsten Landtagswahlen bemerkenswerte Erfolge der Alternative für Deutschland dar.[1] Doch trotz der aktuellen Höhenflüge sollte nicht übersehen werden, dass diese neue Partei mit einem fundamentalen Dilemma konfrontiert ist.
Der erste landesweite Urnengang in Österreich seit der großen Fluchtbewegung endete mit einem Donnerschlag. Bei der Wahl zum Bundespräsidenten triumphierte die rechte FPÖ mit ihrem Kandidaten Norbert Hofer schon im ersten Durchgang in einem bis dato unvorstellbaren Ausmaß.
Sechs Wochen sind seit den drei Landtagswahlen vergangen und noch immer ist die Phase ihrer Ausdeutung nicht abgeschlossen. Und das aus gutem Grund: Der Ausgang der Wahlen ist weit über den regionalen Rahmen von Bedeutung. Die AfD hat sich als rechtspopulistische Kraft vorerst bundesweit etabliert.
Nein, dieser 13. März, der angebliche „Super-Sonntag“, war noch kein Erdbeben, sondern bloß ein Erdrutsch. Aber er war ein deutliches Vorzeichen für jenes Beben, das ein ähnlicher Erfolg der AfD bei den kommenden Bundestagswahlen bedeuten würde.
Keine Partei hat der Ausgang der drei Landtagswahlen so hart getroffen wie die SPD. In Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt ist sie nur noch eine Kleinpartei und in Rheinland-Pfalz konnte nur die enorme Beliebtheit Malu Dreyers das Allerschlimmste verhindern. Wie aber soll die deutsche Sozialdemokratie auf dieses Debakel reagieren?
Die USA erleben derzeit eine enorme Polarisierung. Im Rennen um die Präsidentschaftsnominierung erhitzen die Kandidaten beider Parteien die Gemüter. Scharfe Töne fallen dabei jedoch keineswegs nur zwischen Demokraten und Republikanern, sondern auch innerhalb der beiden Lager: Donald Trump stößt unter etablierten Konservativen auf schroffe Ablehnung.
Die USA erleben derzeit eine enorme Polarisierung. Im Rennen um die Präsidentschaftsnominierung erhitzen die Kandidaten beider Parteien die Gemüter. Scharfe Töne fallen dabei jedoch keineswegs nur zwischen Demokraten und Republikanern, sondern auch innerhalb der beiden Lager: Donald Trump stößt unter etablierten Konservativen auf schroffe Ablehnung.
Kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt steht der Sieger bereits fest: die AfD. Gegenwärtig spricht alles dafür, dass die Rechtspopulisten bei allen drei Wahlen triumphieren werden.
Nach Griechenland erleben derzeit zwei weitere südeuropäische Krisenländer einschneidende politische Veränderungen. In Spanien hat der Wunsch nach Wandel das etablierte Zweiparteiensystem hinweggefegt, mit starken Ergebnissen sind zwei Newcomer ins Parlament eingezogen: die linke Podemos und die liberalen Ciudadanos.