Föderalismus zum Nulltarif?
1. Ausgangslage: Ökonomische Schockpolitik ohne Therapie
1. Ausgangslage: Ökonomische Schockpolitik ohne Therapie
"Es kommt wieder Eisen in die Politik." Thomas Schmid, 1990. Alle reden vom Krieg. Wir auch, aber anders. Der Golfkrieg und die neue Bundesrepublik, - wie wäre dieses Zusammentreffen anders zu bewerten denn als katalysatorischer Prozeß, in dem die Eigentümlichkeiten des neuen Deutschlands mit aller Macht hervorgetrieben und zugespitzt werden?
Wie jedes Jahr haben auch zum Jahreswechsel 1990/91 zahllose Institutionen und Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen für 1991 vorgelegt. Angesichts der politischen und ökonomischen Risiken wäre es allerdings kaum mehr als ein Zufall, wenn die Voraussagen eintreten würden.
"... noch nie so reich wie heute" (Blüm)
"Der Ansturm auf die Kleiderkammern war noch nie (mit Ausnahme der Nachkriegsjahre) so stark wie heute" (Wohlfahrtsverbände).
Die erneute sprunghafte Erhöhung der Ölpreise trifft die Weltwirtschaft in einer komplizierten Umbruchphase, in der die Unsicherheiten über die künftige Entwicklung ohnehin schon groß sind.
Parallel zu dem Treffen von Vertretern der sieben größten Industrienationen (G-7) in Houston vom 9. bis 11. Juli 1990 fand ein Gegengipfel - "The Other Economic Summit" - statt. In dessen Rahmen versammelte sich zum zweitenmal ein "Gipfel der sieben Ärmsten", auf dem Mitarbeiter von Basisorganisationen berichteten.
In den letzten Jahren ist das Problem der Armut in den Mittelpunkt der entwicklungspolitischen Diskussion gerückt. Armutsbekämpfung ist eines der Schwerpunktziele der bundesdeutschen Entwicklungspolitik.
Die Konjunktur in den entwickelten kapitalistischen Ländern ist auch nach sieben Aufschwungsjahren noch immer aufwärts gerichtet. Dabei zeigen sich aber international deutliche Unterschiede. In den USA hat sich die Aufwärtsbewegung stark abgeschwächt. Im Frühjahr stagniert dort die Produktion in der Industrie, die Bautätigkeit geht zurück.
Daß die "Tendenz" des Kapitalismus die Herstellung des Weltmarktes ist, braucht heute nicht mehr empirisch belegt zu werden. Die rasche Expansion der internationalen Wirtschaftsbeziehungen und die Durchdringung der Welt mit kapitalistischen Warenbeziehungen springt ins Auge.
Im abgelaufenen Jahrzehnt hat sich eine deutliche Verschiebung der Einkommensrelationen in der Bundesrepublik ergeben, charakterisiert einerseits durch eine rasche Verbesserung der Einkommen der Unternehmen und Selbständigen und eine Zunahme der Zahl der "Armen" andererseits.
Über 3,1 Mio. Sozialhilfeempfänger wurden 1987 laut Statistischem Bundesamt (1989) gezählt, über 5% der Gesamtbevölkerung in der Bundesrepublik. Jeder Zwanzigste unter uns bezog 1987 Sozialhilfe. Wesentlich mehr Personen - berücksichtigen wir die Dunkelziffer - haben ein so geringes Einkommen, daß ihnen Sozialhilfe zugestanden hätte.