Thema Recht

Martyrium eines Aufrechten

Am 4. Mai 1938, kurz nach 15 Uhr, starb, erst 48 Jahre alt, im Berliner Nordend- Krankenhaus Carl von Ossietzky – streng bewacht von der Gestapo, die seinen Tod geheim hielt: „Sie verbot, dass auch nur ein Wort über Carls Tod gesprochen wurde. Auch durfte der Tag der Einäscherung nicht bekanntgegeben werden. Eine Totenfeier durfte nicht stattfinden.

Verbote gegen Rechts?

Und wieder geistert es durch den parteipolitischen Diskurs der Bundesrepublik, das vor fünf Jahren so kläglich gescheiterte NPD-Verbot.1 Während sich die Union diesmal eher zurückhält, ist es vor allem die SPD, die auf ein Verbotsverfahren drängt.

Die Argusaugen des Staates

Der Rechtsstaat ist in Gefahr, aber es wächst das Rettende auch: 70 000 Bürgerinnen und Bürger haben sich in Deutschland als Befürworter einer Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung registrieren lassen, 25 000 haben eine Prozessvollmacht unterschrieben. Einen solchen Ansturm hat das höchste deutsche Gericht noch nicht erlebt.

Die vielen Gesichter der Geschichte

Maria, die russische Ehefrau des polnischen Dichters Jan Kasprowicz, war sich schon bald nach ihrer Trauung 1911 darüber im Klaren, dass man die Polen nur verstehen könne, wenn man ihre schmerzhafteste Wunde und zugleich ihren größten Komplex berücksichtigt: nämlich den Untergang des Staates am Ende des 18. Jahrhunderts.

Das Erbe der Erbgesundheit

Ablehnung und Abwehr bestimmten den Tenor, als der Bund Euthanasiegeschädigter und Zwangssterilisierter (BEZ) vor drei Jahren an die im Bundestag vertretenen Parteien mit der Aufforderung herantrat, das bereits 1933 beschlossene „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (Erbgesundheitsgesetz) endlich für nichtig zu erklären.1 Dann stellte das Parlament Mitte

Die Aufklärerin der Demokratietheorie

Hat die Kritische Theorie eine eigenständige Rechts- und Demokratietheorie ausgebildet? Für die erste Generation der Frankfurter Schule mag man das bestreiten. Rechtstheoretiker wie Franz Neumann gehörten nie zum inneren Kreis, und ihre Verteidigung bürgerlicher Innovationen wie des rechtsstaatlichen Formalismus fand dort wenig Resonanz.

Forschung als Haftgrund?

Die Inhaftierung des Berliner Stadtsoziologen und Mitarbeiters der Humboldt- Universität Andrej H. wegen angeblicher Bildung einer terroristischen Vereinigung (Paragraph 129a StGB) sorgte jüngst für erhebliches Aufsehen, weit über die deutschen Grenzen hinaus.

Der Deal im deutschen Strafprozess

Der Prozess um den ehemaligen VW-Personalvorstand Peter Hartz hat es ebenso gezeigt wie der „Fall Mannesmann“: Der deutsche Strafprozess unterliegt einer radikalen Veränderung. Diese Entwicklung vollzieht sich nicht in gesetzlichen Formen, sondern auf dem Wege der außergesetzlichen Rechtspraxis des Aushandelns des Urteilsspruchs zwischen den Prozessbeteiligten.

Alles in Sicherheit

Den Glorifizierungsversuchen etlicher Medien zum Trotz: Es war nicht die Welt, die im Juni im Nobelkurort Heiligendamm zu Gast war, sondern lediglich die Regierungsspitzen der acht mächtigsten Industriestaaten mitsamt ihrem Tross und einer ausgewählten Schar von Journalisten.

Verfassungspatriotismus auf Europäisch

Die deutsche Sprache verfügt über eine Eigenschaft, die sie mit nur wenigen anderen Sprachen teilt: Sie kann zusammengesetzte Substantive bilden. Dadurch ist sie in der Lage, jederzeit und nach Bedarf neue Wörter zu erzeugen. Häufig gelingen treffsichere Bezeichnungen, die sich sofort durchsetzen, selbstverständlich werden, ihren Benutzern als immer schon vorhanden Gewesene gelten.

Verbraucherpolitik light

Die schwarz-rote Bundesregierung legte Anfang April d.J. zum wiederholten Mal ein Verbraucherinformationsgesetz vor, nachdem der letzte Entwurf Ende 2006 wegen verfassungsrechtlicher Bedenken vom Bundespräsidenten zurückgewiesen worden war. Die dadurch gewonnene Denkpause haben Union und SPD allerdings offenbar nicht genutzt, den Gesetzentwurf zu qualifizieren.

Gesetzloses Wunder

Dass in der gereizten Debatte um den Fall Christian Klar auch alte Rechnungen beglichen wurden, ist offensichtlich. Aus der „bleiernen Zeit“, dem „deutschen Herbst“, wirken politische Leidenschaften und persönliche Erfahrungen nach, die schwer auf den Begriff zu bringen sind. Die Historisierung der Vereinigung mit dem sonderbaren Namen Rote Armee Fraktion hat erst begonnen.

Die Dialektik von Welt und Nation

Wir leben in einer Zeit epochaler Transformationen – epochal selbst dort, wo es lediglich um Teiltransformationen geht. Manche sprechen von „Globalisierung“, um diesen Wandel auf den Begriff zu bringen. Sie betrachten ihn als einen Wettkampf national vs. global.

Empire ohne Diplomatie

Im Jahre 1941, als die Vereinigten Staaten noch versuchten, die Kriege auszusitzen, die sowohl jenseits des Atlantik als auch jenseits des Pazifik bereits wüteten, schrieb Henry Luce in der Illustrierten „Life“ eine berühmt gewordene Attacke gegen den Isolationismus. „Wir Amerikaner sind unzufrieden“, begann er. „Wir sind unzufrieden mit Amerika.