Thema Geschichte

Ein afrikanischer Traum

Es gab einmal eine Zeit, da war es innerhalb einer Schule des Historizismus durchaus akzeptabel zu behaupten, Afrika sei erst mit der Ankunft der Kolonialmächte in die Geschichte eingetreten und zwar – natürlich – in seiner Rolle als Lieferant von Rohmaterialien, im Verlauf der europäischen industriellen Revolution.

Kommodes Gedenken

Gedenktage sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Sie beginnen immer früher und dauern immer länger. Tatsächlich handelt es sich immer öfter eher um Gedenkwochen. Publikum und Akteure der Erinnerungskultur sind schon lange daran gewöhnt, dass – ich übertreibe nur wenig – einem beim Aufschlagen der Zeitung fast täglich ein NS-Jahrestag begegnet.

Alte Kameraden, neue Elite

Das bayrische Mittenwald war auch dieses Jahr wieder Mittelpunkt revisionistischer Traditionspflege bei der Bundeswehr. An diesem Standort der schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wieder aufgebauten 1. Gebirgsdivision wird alljährlich zu Pfingsten eine Art Heldengedenktag der alten Kameraden zelebriert.

68 - Moral und Engagement

In der heutigen öffentlichen Wahrnehmung dominieren Krawalle, Straßenschlachten und Demonstrationen das Bild von „68“. Typisch dafür ist die von der Bundeszentrale für politische Bildung ausgerichtete Ausstellung im Berliner Amerika-Haus in der Hardenbergstraße – mit einem Wasserwerfer als monströser Ikone staatlicher Ordnungsmacht.

Schlafen mit offenem Auge

Für gewöhnlich schlafe ich gut. In unserer ruhigen Vorstadtstraße am Stadtrand von Jerusalem, wo die Lichter von Ramot und Beit Iqsa sich argwöhnisch beäugen, durchbricht nur gelegentlich der Lärm zwischen den Mülltonnen umherjagender Hunde das Schweigen der Nacht.

Klimakriege

Ein leises Klirren hinter mir ließ mich den Kopf drehen. Sechs Schwarze gingen hintereinander und quälten sich den Pfad hinauf. Sie schritten aufrecht und langsam, balancierten kleine Körbe mit Erde auf dem Kopf, und das Klirren begleitete jeden Schritt.

Die Kunst des Aufstands

Im Mittelpunkt der gegenwärtigen Debatte über Absichten und Ziele, Erfolg oder Scheitern der 68er steht einmal mehr der wohl bekannteste Protagonist der damaligen Außerparlamentarischen Opposition, Rudi Dutschke.

Lob der Uneindeutigkeit

Als ich im April 1987 mit Lutz Niethammer und Alexander von Plato in die DDR ging, um dort lebensgeschichtliche Interviews mit der Aufbaugeneration des sozialistischen Staates durchzuführen, kamen wir in ein Land, dessen Kultur uns einerseits unheimlich vertraut, andererseits aber auch verwirrend unverständlich war.

My Lai oder Die Stunde des Außenseiters

Was sich vor 40 Jahren, am 16. März 1968, im südvietnamesischen My Lai abspielte, ist weitgehend bekannt. Gegen 7.30 Uhr wurden die „Charlie“- und die „Bravo“-Kompanie der US-Sondereinheit Task Force Barker in der Nähe dreier Dörfer von Transporthubschraubern abgesetzt.

Die vielen Gesichter der Geschichte

Maria, die russische Ehefrau des polnischen Dichters Jan Kasprowicz, war sich schon bald nach ihrer Trauung 1911 darüber im Klaren, dass man die Polen nur verstehen könne, wenn man ihre schmerzhafteste Wunde und zugleich ihren größten Komplex berücksichtigt: nämlich den Untergang des Staates am Ende des 18. Jahrhunderts.

Die Zukunft der Geschichtspolitik

Das neue Jahr 2008 ist gespickt mit historischer Erinnerung. Nicht nur jährt sich das bereits im vergangenen Jahr reichlich strapazierte „1968“ zum vierzigsten Mal, sondern auch – weit weniger beachtet – zum fünfundsiebzigsten Mal die Machtübertragung an die Nationalsozialisten vom 30.

Die Brüchigkeit der Demokratie

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, mit dem Allerwichtigsten anfangen. Die schlechte Nachricht lautet heute: King George Bush dem Zweiten verbleiben noch 481 Tage an der Regierung. Und die gute Nachricht? Morgen früh, wenn wir aufwachen, wird es ein Tag weniger sein. Hoffnungsträchtigeres hat die gute Nachricht, fürchte ich, nicht zu bieten.

Sisyphos der Demokratie

„Wir haben es hier mit einem Gegner zu tun, der schlimmer ist als die Kommunisten. [...] Die wollen uns drankriegen. [...] Was ich, ehrlich gesagt, nie bedacht habe, war, wie weit diese Bastarde gehen würden. [...] Es ist mir wurscht, wie es gemacht wird. Tut nur, was getan werden muss, um diese undichten Stellen zu stopfen. Ich will nicht hören, warum es nicht möglich ist.

Politik mit Akten

Die Debatte über das Erbe der Staatssicherheitsdienste aus der Zeit des Kommunismus reißt hierzulande nicht ab, wie die jüngsten Kontroversen über die „Birthler-Behörde“ zeigen. Doch auch die ostmitteleuropäischen Länder sehen sich mit anhaltenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen über den „richtigen“ Umgang mit dieser Geschichte konfrontiert.

Die Ikonisierung Stauffenbergs

In Thomas Manns Roman „Doktor Faustus“ berichtet der Erzähler, Serenus Zeitblom, über einen Zirkel völkischer Dunkelmänner, Professoren und Künstler, die sich im München der 20er Jahre treffen, um beifällig den Fortschrittsideen des späten 19. Jahrhunderts den Abschied zu geben.

40 Jahre 2. Juni

Offensichtlich wird die Republik in diesem Jahr von ihren Untoten heimgesucht. Das belegt nicht nur der Fall Filbinger/Oettinger. Nein, auch die RAF schien eigentlich schon lange mausetot. Bald zehn Jahre nach der schriftlichen Verkündung ihrer Selbstauflösung am 20.

Die politischen Mythen der Deutschen

Wer Mythen erzählt, will betrügen. So jedenfalls lautet die landläufige Meinung, wonach im Falle des Mythos das Berichtete nicht der Wahrheit entspricht – zumeist jedenfalls. Seit den alten Griechen stehen Wahrheit und Mythos in einem Spannungsverhältnis zueinander. Im 5. und 4.

„Genau an die Vorgaben gehalten“

Die Eröffnung des „Kunstfests Weimar“ am 25. August d.J. endete mit einem Eklat. Mit „Aufhören“-Rufen zwangen Besucher des Konzerts „Gedächtnis Buchenwald“ Hermann Schäfer, den Leiter der Abteilung Kultur und Medien beim Kulturstaatsminister, zum Abbruch seines Grußwortes.