Thema Geschichte

Die Mühen des Dialogs

Das Zusammenleben von Tschechen und Sudetendeutschen als freie Bürger in einem gemeinsamen Staat ist im Herbst 1938 zu Ende gegangen. Das ist inzwischen mehr als fünfzig Jahre her. Was da nach kam, war ein Verhältnis zwischen Siegern und Besiegten, in dem die beiden Parteien nach sieben Jahren nur die Rollen wechselten. Zuerst siegten die Sudetendeutschen.

Die Wiederherstellung von Wahrheit tut not.

Die DDR ist Geschichte - sie ist es noch nicht! Ein Gesellschaftssystem, das die Menschheit auf die Höhen der Geschichte führen wollte, ist zusammengebrochen. Wir stehen vor den Folgen der Zerrüttung der Wirtschaft und der Natur, der Städte und Landschaften, der Verwaltung und des Rechts, der Bildung und Wissenschaft, der menschlichen Kommunikation und unseres Denkens.

Ein unvollendeter Übergang

Die Kritik kam aus einer ungewohnten Ecke. "In Sachen Demokratie leben wir in Spanien noch in der Steinzeit", erklärte in Rom der Erzbischof aus dem katalanischen Tarragona, Ramon Torrella Cascante ("El Mundo", 12.11.1991).

Ein Prophet des Friedens

"Vormittags an der Preface zu Niemöllers Predigten. Mittags zum N.B.C. Lesung der deutschen Sendung. Ärger über zweimaliges Versprechen. Nach dem Lunch die 'Nation' gelesen." Die Notizen Thomas Manns, formuliert in Pacific Palisades, am 29. Juli 1941, klingen nüchtern, fast beiläufig.

Geschichtswäsche?

Die deutsch-deutsche Debatte nimmt seit einiger Zeit, kriminalisierend und moralisierend, Dimensionen an, über die dringend nachzudenken ist: auch über Gefahren und Folgewirkungen, die keiner der Anreger etwa der Tribunaldiskussion wollen kann - jedenfalls kaum, soweit es sich um Bürgerrechtler handelt.

Neue Deutsche Außenpolitik.

"Es spricht vieles dafür, daß mit dem Fall der Diktatur in der DDR und dem Beitritt der fünf neuen Länder zur Bundesrepublik die Zeit deutscher Abweichung vom Zivilisierungsprozeß der westlichen Demokratien zu Ende gegangen ist." Ulrich Hausmann und Udo Knapp 1)

Der Streit um die Namen

In New York und in Mannheim haben die Straßen keine Namen sondern Nummern. Ein glücklicher Einfall der Stadtväter, der ihnen viele Scherereien erspart hat. Zahlen sind feststehend und auch unpolitisch. Ihre Wertigkeit verändert sich nicht, wenn ein neuer Landesfürst den Thron besteigt oder von einer Volkserhebung hinuntergestürzt wird.

Das Gesicht der Vereinigung

Die am häufigsten bemühte Metapher der deutsch-deutschen Vereinigung ist die des Liebespaares, das durch widrige Umstände und böse Mächte lang nicht zueinander kommen konnte und unzähliche Hindernisse überwinden mußte, um sich endlich zu kriegen. Auch das Medienspektakel schien oft auf diese Metapher hin inszeniert.

Gefahren der Demokratie

Der gescheiterte Staatsstreich in Moskau vom 19. August und der ihm folgende Umbruch - manche sprechen angesichts der von Jelzin nach seinem Sieg ergriffenen Maßnahmen, deren Richtschnur zweifellos nicht ihre "Verfassungsmäßigkeit" war, von einem Gegenputsch - bezeichnen einen tiefen Einschnitt in die Geschichte.

Die veränderte Situation Südosteuropas

Der Zusammenbruch des realsozialistischen Herrschafts- und Gesellschaftssystems sowie des von der Sowjetunion dominierten Staatensystems in Osteuropa vollzieht sich seit Ende der 80er Jahre in mehreren Etappen und in den verschiedenen Ländern auf unterschiedliche Weise. Bis zum August 1991 waren d r e i G r u p p e n von Ländern in Osteuropa zu unterscheiden.

Der Aufbruch der Russisch-Orthodoxen Kirche

Die Russisch-Orthodoxe Kirche (ROK) in der Sowjetunion war, wie alle anderen Religionsgemeinschaften, im Zuge der Stalinschen "Säuberungen" 1937 institutionell faktisch vernichtet. 1943 suchte Stalin dann die Unterstützung der Kirchen im Krieg gegen Hitler-Deutschland und sicherte ihr den Wiederaufbau zu. Das kirchliche Leben entfaltete sich daraufhin fast schlagartig.

Ukraine, die neue Nummer zwei

Wie überall in den Republiken hat der gescheiterte Putsch auch in der Ukraine zu plötzlichen und dramatischen Verschiebungen der politischen Situation geführt. Am 24. August beschloß der ukrainische Oberste Sowjet, die Unabhängigkeit des Landes zum Gegenstand eines für den 1.

Über Deutschland nach Europa?

Mit dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni d.J. (Wortlaut in "Blätter", 8/1991, S. 1000-1011) sin d die deutsch-polnischen Beziehungen in ein neues Stadium getreten. Die Grenzfrage erscheint als endlich und endgültig offiziell geklärt.

Was sagen Sie zu Jugoslawien?

So ist der Verfasser dieser Zeilen, ein aus Jugoslawien stammender "Donauschwabe", wiederholt gefragt worden, seit das, was seit Jahren in der Welt die "jugoslawische Krise" genannt wird, im Frühjahr 1991 durch aufschreckende Schüsse in der jugoslawischen Teilrepublik Slowenien im Bewußtsein des Westens aus dem latenten in ein akutes Stadium übersprang.

Friedrichs Heimkehr

Prinz Louis Ferdinand von Preußen hat nach dem Zusammenbruch der DDR und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten beschlossen, den Sarg seines Urahnen Friedrich II., den die Historiker den Großen nennen, endlich - dem Wunsch des am 17. August 1786 Verstorbenen gemäß zu begraben.

Ein Potemkinsches Dorf namens Berlin

Die Kritiker des deutsch-deutschen Vereinigungsprozesses sind stiller und verhaltener geworden. Das hat mit der Macht des Faktischen zu tun: Zwar sind fast alle Probleme, die sie kommen sahen, nun wirklich gekommen; doch das nimmt der Kritik kaum etwas von ihrer eigentümlichen Kraftlosigkeit. Alternativen hat sie nun nicht mehr zu bieten, sie steht im toten Winkel.

Ostpolitische Verantwortung.

Vor 50 Jahren, am 22. Juni 1941, fiel die deutsche Wehrmacht in der Sowjetunion ein. Im April des gleichen Jahres wurde neben Griechenland auch Jugoslawien von den Deutschen besetzt. Und zerteilt. Ganz Ost- und Südosteuropa war damit in den von Deutschland entfesselten Weltkrieg hineingezogen, der mit der Zerschlagung der Tschechoslowakei 1938/39 und Polens 1939 begonnen hatte.

Bismarck-Renaissance

"Furcht vor Preußen?" fragte die Ostberliner Historikerin und Preußen-Forscherin Ingrid Mittenzwei in der Januarausgabe der "Blätter". Der folgende Beitrag des Bremer Historikers Lothar Wieland beleuchtet die aktuelle Wiederbelebung Bismarcks, die so gut zum neuen Deutschland zu passen scheint.

Europas neue Grenzen

Einem polnischen Kommentator wird der Satz zugesprochen: "Die Teilung Europas ist keineswegs aufgehoben, nur die Grenze wurde verschoben - von der Elbe und Werra zur Oder und Neiße." In der Tat scheint die Oder-Neiße-Grenze mehr als nur die endlich anerkannte polnische West- und deutsche Ostgrenze zu sein, sie scheidet vielmehr die im Wohlstand lebenden (West)Europäer

Der entsorgte T 34

Auf hohem Sockel stand jahrzehntelang am Grenzkontrollpunkt Drewitz zwischen Berlin (West) und der DDR ein sowjetischer Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg, keine künstlerisch verfremdete Nachbildung, sondern das Original eines T34, des legendären Vollstreckers so mancher Siege (der einen) und Niederlagen (der anderen).