Dresden: Kleine Geschichte der Aufrechnung
Die Überlegung scheint nicht unberechtigt, daß 1995 das Jahr der großen Gedenktag-Verabschiedungen in Deutschland wird.
Die Überlegung scheint nicht unberechtigt, daß 1995 das Jahr der großen Gedenktag-Verabschiedungen in Deutschland wird.
Nach der Erfahrung der Epochenwende von 1989-1991 ist die Versuchung groß, die Zäsur von 1945 nicht mehr so ernst zu nehmen. Was bedeutet schon das Ende des Zweiten Weltkriegs gegenüber der Auflösung des sowjetischen Imperiums und dem Ende des ideologischen Zeitalters?
Zu dem Thema "Der Irrweg des Nationalismus" möchte ich am Anfang auf Immanuel Kant rekurrieren, der in einer seiner nachgelassenen, handschriftlichen Notizen über die Bedeutung der Vernunft schrieb und meinte, sie verhindere, daß wir unseren Instinkten und damit auch den nationalen zu sehr nachgäben.
Als das Großdeutsche Reich endlich besiegt war und die halbe Welt voller Verachtung auf eine Nation blickte, die die Schuld ungeheuerlicher Verbrechen auf sich geladen hatte, suchten diejenigen, in deren Namen diese Verbrechen begangen worden waren, um die Schande zu mindern, nach den Strohhalmen, mit deren Hilfe sie hofften, sich ins Reich der Moral retten zu können.
Die Empfangshalle der Library of Congress fügt sich mit Deutschen - Diplomaten, Offizieren, hochrangigen Besuchern aus Bonn und Berlin. Die deutsche Elite Washingtons begrüßt sich herzlich mit Händeschütteln und Glückwünschen. Hier der Generalinspekteur der Bundeswehr, dort Kanzler Kohls Berater für jüdische Angelegenheiten.
"Von Stauffenberg ist der Satz überliefert: Wir wollen eine neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt..." (Helmut Kohl) 1) "Wir wollen eine neue Ordnung, die alle Deutsche zu Trägem des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt, verachten aber die Gleichheitslüge und beugen
Das Krisengerede schwillt an, die Katastrophenmeldungen häufen sich: Krise der Werte, Krise der Moral, Krise der Erziehung, Krise des Standorts, Krise des Arbeitsmarkts, Krise der Vereinigung - schlechthin die Krise der Gesellschaft. Und dann erst die Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung mit den apokalyptischen Folgen für die Menschheit!
Es geht um Europa. Gemeint ist dabei das Gebiet zwischen Atlantik und Ural, zwischen Eismeer und Mittelmeer, also wirklich Europa, und nicht nur der Teil, der sich angemaßt hat, Europa genannt zu werden. Und doch ist dieser Teil und seine Entwicklung für alles Weitere sehr wichtig, geht doch von ihm die Entscheidung über die weitere Entwicklung aus.
6. Juni 1994: D-Day-Feiern in der Normandie zur Erinnerung an die alliierte Landung vor 50 Jahren, den Beginn der Befreiung Europas mit der Invasion gegen das Nazireich. Zwei Tage später demonstrieren Bundeskanzler Kohl und der französische Staatsschef Mitterrand in Heidelberg auf einem Treffen mit Jugendlichen die "Freundschaft zwischen unseren Völkern".
Die Verantwortung von Wissenschaftlern für die gesellschaftlichpolitischen Folgen ihrer Tätigkeit war ein klassisches Thema der Literatur der 60er Jahre.
"Kein anderes Ereignis meiner Zeit als Außenminister bewirkte ein so tiefes Nachdenken über die von Emotionen geprägte, komplexe und komplizierte Rolle Deutschlands in Vergangenheit und Gegenwart und über die Beziehungen Deutschlands zur übrigen Welt wie die Kontroverse über Präsident Reagans Besuch in Bitburg 1985." So beginnt - mit der lakonis
Aktuell geworden ist unsere Themafrage durch das disparat wabernde Gerede und Geschreibe über eine eventuelle deutsche Teilnahme an den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie (6.
Zunächst einmal erscheint es als Widerspruch: Bei einer Umfrage des EMNID-Instituts im Auftrag des "American Jewish Committee" im Januar dieses Jahres erklärten nur 8% der Befragten, sie hielten es für möglich, daß die Ausrottung der Juden unter den Nazis niemals stattgefunden habe.
In der Mitte entspringt nicht nur ein Fluß, auch der Präsident scheint ihr zu entstammen. "Mitte, die Mitte bleibt", textete Manfred Stolpe zum präsidialen Siebzigsten. Keiner kann sich dem entziehen. Als einzige hatten die Grünen sich 1989, einem Tabubruch gleich, gegen seine Wiederwahl gesperrt. Heute wäre das kaum der Fall.
"Nichts kennzeichnet vielleicht besser den Wandel, der sich im deutschen außen- und innenpolitischen Bewußtsein abgespielt hat, als der Unterschied zwischen den Obertönen, die heute mitschwingen, wenn die Redewendung "die westlichen Demokratien" verwandt wird, und den Assoziationen, die vor einem Menschenalter mit diesen Worten verbunden waren." Ernst Fraenk
Am 14. Januar 1994 wurde der Umzug von Regierung und Parlament in die deutsche Hauptstadt Berlin bis zum Jahre 2000 festgeschrieben. Es wurde Wort gehalten. Das war ein wertvoller Beitrag zur politischen Glaubwürdigkeit Deutschlands. Es war auch ein Erfolg der behutsamen, beharrlichen und beständigen Politik des Berliner Senats. Für Berlin war das ein Tag, der nach dem 20.
"Das Etikett 'Ostpolitik' sagt mir nicht zu Das Wort ist vorbelastet." Willy Brandt *) Wird sich das Bild des SPD-"Zuchtmeisters" Herbert Wehner demnächst "noch labyrinthischer und gequälter" gestalten, wie der britische Historiker Timothy Garton Ash vermutet 1)? So könnte es kommen.
"Spiegel": Wie wird Südafrika in 20 Jahren aussehen?
Mandela: Ein Land voller Frieden, Sicherheit und Wohlstand!
Geschichte schreiben ist eine Art, sich das Vergangene vom Halse zu schaffen. (Johann Wolfgang Goethe, Maximen und Reflexionen.)
"Bonn ist nicht Weimar." Wie oft haben wir dieses stolze Bekenntnis schon gehört? Sollte die zündende Formel, die Fritz René Allemann vor mehr als 30 Jahren in Umlauf gesetzt hat, inzwischen nicht verschwunden sein, wenn sie sich bewahrheitet hätte? Das Gegenteil ist der Fall.
"Suchet der Stadt Bestes."
Motto des ersten Friedensgebetes am 4. Oktober 1989 in Weimar
Es ist zum Fürchten, daß in der Bundesrepublik zunehmend wieder von "Werten" die Rede ist. Hat das Land damit in der Vergangenheit nicht genügend schlechte, ja katastrophale Erfahrungen gemacht?
Die Umgangsformen der offiziellen deutschen Politik rechtsextremen Gruppierungen gegenüber sind, nachdem Neonazis auf dem Domplatz der Stadt Fulda eine Gedenkshow für den Stellvertreter des "Führers" veranstalten konnten, energischer geworden. Militanten Gruppen wird durch Organisations- und Symbolverbote das öffentliche Auftreten erschwert.
1. Daß die herrschenden Kräfte einer Gesellschaft ihrem Verständnis von Geschichte und Politik unter anderem in Form von Denkmälern Ausdruck verleihen, ist seit dem 19. Jahrhundert üblich und grundsätzlich legitim.