Erinnerungskultur der Einheit
"Suchet der Stadt Bestes."
Motto des ersten Friedensgebetes am 4. Oktober 1989 in Weimar
"Suchet der Stadt Bestes."
Motto des ersten Friedensgebetes am 4. Oktober 1989 in Weimar
1. Daß die herrschenden Kräfte einer Gesellschaft ihrem Verständnis von Geschichte und Politik unter anderem in Form von Denkmälern Ausdruck verleihen, ist seit dem 19. Jahrhundert üblich und grundsätzlich legitim.
Ein Beben hat das politische System Japans heimgesucht. Es war außerordentlich stark und hat insbesondere die Parteienlandschaft getroffen. Wie immer nach solch einer schweren Erschütterung fällt es nicht leicht, die unmittelbaren Wirkungen und längerfristigen Folgen sofort abzuschätzen.
Die Fernsehzeitschrift Bild + Funk übte sich in Ausgewogenheit: "Wie schön, daß es noch möglich ist, solche Filme zu drehen", durfte sich der eine Kritiker freuen und Die zweite Heimat "ein Meisterwerk" nennen.
Mit Kulturkreisen, die "mit dem unseren vor und nach Prinz Eugen nichts gemein" haben 1), ist das so eine Sache. Rudolf Augstein hätte es wissen können.
Mein Beitrag ist faktisch überflüssig geworden, denn ich stimme fast Wort für Wort dem zu, was Peter Bender im Maiheft dieser Zeitschrift (S. 585-587) zum Thema geschrieben hat.
Für Jens Reich war der Gang in das neueste Deutschland genauso konzeptionslos wie der von 1870/71. Die Bewußtseinslage der Deutschen habe etwas Gartenzwerghaftes. Was die Konzeptionslosigkeit betrifft, so beruht ein Teil der Brutalität des kapitalistischen Systems, so meine ich, auf der weitgehenden Überflüssigkeit von Konzepten und Ideen, von Vernunft überhaupt.
Die deutsche Einheit bedarf keiner Begründung. Es war nur natürlich, daß die Menschen in der DDR, sobald sie Gelegenheit dazu hatten, ein unnatürliches Regime abschüttelten, für das es gute Gründe nicht gab; nicht aus nationalem Überschwang, sondern weil es in jeder Hinsicht unterlegen war: wirtschaftlich, sozial, demokratisch.
Vier Fragen haben Sie gestellt - sie verdienen wirkliche Antworten, nicht noch mehr staatstragenden Dampf, an dem das Land schon lange zu ersticken droht.
Begründungsdefizit deutscher Einheit?
Unsere politische Klasse, soweit die ihr Angehörenden an den Schalthebeln der Macht sitzen, verkündet uns dreimal am Tag, alles stünde zum besten.
Was ist in Deutschland geschehen seit 1989? Vereinigung, Wiedervereinigung, Einheit, neue Identitätsstiftung? Nun denn: - Staatspolitisch ist aus der DDR ein Beitrittsgebiet der BRD geworden.
1. Wenn die Vereinigung während der letzten drei Jahre nicht so gründlich verdorben worden wäre, dann gäbe es heute kein "Begründungsdefizit" für die Einheit. Nicht das Fehlen einer Konzeption oder Idee, wie Jens Reich und Friedrich Schorlemmer meinen, ist der Grund für unsere Misere, sondern das Fehlen von Politik.
Die DDR und die alte Bundesrepublik hatten eine gemeinsame Vorgeschichte und in der Systemkonfrontation je eigene, aber wechselseitig verklammerte Geschichten.
Friedhelm Motzki führt den Hund Bismarck Gassi, und eine Radfahrerin verheddert sich in der zu langen Leine, ökologische Äpfel rollen aufs Pflaster.
Ein Kind erhält unverhofft ein lang ersehntes Geschenk. Eigentlich war dieses Geschenk nur vage versprochen worden, und zwar als Lohn großer Anstrengung. Voller Freude läßt das Kind die gerade begonnenen dringlichen Hausaufgaben liegen und nimmt das neue Spielzeug.
Ein Provinztheater ist an und für sich etwas Trauriges. Mit den großen Bühnen, die per Fernsehen ins Haus geliefert werden, kann es nicht konkurrieren, finanziell nicht und künstlerisch nicht. Hohe Kultur unter Menschen zu bringen, die aber, wenn überhaupt, nur die Spitzenleistungen konsumieren, ist ein frustrierendes Geschäft.
Die Welt als Schicksalsgemeinschaft
Während der vergangenen fünfzehn Jahre ist das Bewußtsein in der Welt darüber gewachsen, daß die Menschheit in manchen Dimensionen ihrer Existenz zu einer globalen Schicksalsgemeinschaft geworden ist.
Christoph Kolumbus war sicher ein Mann, der von einer Idee besessen war: den Weg nach Westen zu entdecken und schneller zu den Reichtümern Asiens zu kommen.