Thema Demokratie

Geteiltes Grenzland?

Im Spätherbst 2004 entdeckte die Welt das "Grenzland" Ukraine. 1 Um die Entdeckung dieses entlegenen Erdwinkels leichter verarbeiten zu können, griffen Medien und außenpolitische Kommentatoren zu einem Muster, das seit dem Ende des Kalten Krieges geläufig ist: Diesmal ging es also um Ostukrainer gegen Westukrainer, so ähnlich wie Serben gegen Kroaten oder Christen gegen Muslime.

Kleine Arithmetik der Macht

Absehbarer Weise werden die nächsten Bundestagswahlen für ein Novum in der bundesdeutschen Parlamentsgeschichte sorgen - und wohl für einen Schock bei etwa der Hälfte der deutschen Wählerschaft. Erstmals werden nämlich die Anteile der großen Parteien an den Wahlstimmenprozenten und an den Bundestagsmandaten signifikant auseinander klaffen.

Wahl und Alternative

Was sich im Frühjahr 2004 unter dem Eindruck der ersten öffentlichen Diskussionen über die mutmaßlichen Folgen von Hartz IV und der ungebrochenen Abfolge sozialdemokratischer Wahlniederlagen zunächst noch vage angedeutet hatte, ist zum Jahresende konkretisiert worden: Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wird eine neue Linkspartei antreten.

Mexiko am Ende der Siesta

Weniger als eine Minute verlas Mexikos Präsident Vicente Fox am 1. September seine Regierungserklärung, die dritte seiner Amtszeit, da unterbrachen ihn schon die Abgeordneten der Opposition. Mitglieder der sozialdemokratischen Partei der Demokratischen Revolution (PRD) protestierten mit dutzenden Plakaten, die sie in den Plenarsaal des mexikanischen Parlamentes geschmuggelt hatten.

Die Normalität des Referendums

Bevor die Bundesregierung ihre sture Ablehnung eines Referendums über die EU-Verfassung aufgab, hatte sie sich angesichts ihres Umgangs mit dieser Frage (mindestens) zwei schwere Vorwürfe gefallen lassen müssen: Zum einen ließ sich die ablehnende Haltung beim besten Willen nicht mit der in den Wahl- und Regierungsprogrammen proklamierten Demokratisierung der Gesetzgebung mi

Christus oder Kant

Im Zusammenhang mit den technologischen Neuerungen im Bereich der Gen- und Reproduktionstechnologien, aber auch in der Debatte über Folter sowie den Status und die Behandlung von Kriegsgefangenen ist in den letzten Monaten in der Bundesrepublik über den Art. 1 GG neu diskutiert worden.

Wahlfarce in Afghanistan

Anfang Oktober dieses Jahres sollen nun endlich Präsidentschaftswahlen in Afghanistan abgehalten werden. Dabei war auf der Petersberger Konferenz im Dezember 2001 beschlossen worden, dass diese bereits im Juni 2004 stattfinden sollten - gleichzeitig mit den Parlamentswahlen. 1 In der am 26. Februar 2004 verabschiedeten Verfassung wurde dies noch einmal bekräftigt.

Grundeinkommen statt Hartz IV

Am 9. Juli 2004 verabschiedete der Bundesrat mit dem Kommunalen Optionsgesetz den Kern der Arbeitsmarktreform Hartz IV. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wurden zum neuen Arbeitslosengeld II (ALG II) zusammengelegt, das Langzeiterwerbslose teils deutlich schlechter stellt.

Alles außer Bush

Bush-Bashing steht hoch im Kurs. Beflügelt von Michael Moores Fahrenheit 9/11 hoffen viele Menschen, dass eine Abwahl des derzeitigen US-Präsidenten die Lage in den USA und in der Welt grundlegend verändern würde. Umgekehrt bedeutet dies, dass große Hoffnungen in den Kandidaten John Kerry gesetzt werden.

Folter im Rechtsstaat

Obwohl in Sachen Folterverbot Anspruch und Wirklichkeit nach wie vor in brutaler Weise auseinander klaffen - so findet weltweit in mehr als der Hälfte der Staaten Folter statt, mehr als ein Drittel setzen sie systematisch und regelmäßig ein -, gibt es doch institutionelle Fortschritte im Kampf gegen Folter zu verzeichnen.1 Über die politisch-moralische Ächtung der Folt

Volksbefragung als Gründungsakt

Die Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) litten aufgrund nationaler Selbstbefangenheit an europapolitischer Themenarmut. Daher kam vielen Politikern die Debatte über eine Volksabstimmung zur ausgearbeiteten, aber noch nicht ratifizierten europäischen Verfassung gerade recht.

Vom Rechtsstaat zum Verfassungsstaat

Es entbehrt nicht der bitteren Ironie, dass ein großer Geburtstag Helmut Ridders, dessen Thema seit Jahrzehnten der Zusammenhang von positiver Rechtsgeltung, Demokratie und Frieden ist, zu einem Zeitpunkt ansteht, zu dem seine wissenschaftlichen Erkenntnisse durch schiere Unvernunft in den Staub getreten sind.

Japan auf südkoreanisch

Südkorea schaut auf äußerst turbulente Monate zurück, die die politischen Machtverhältnisse grundlegend verändert haben. Korea-Kenner Karl Grobe sprach in der "Frankfurter Rundschau" gar von einer "Handy Revolution", die stattgefunden habe.

Sackgasse EU-Verfassung

Der Sieg der Sozialisten bei den spanischen Wahlen wie das Scheitern der polnischen Sozialdemokratie haben ein Nachspiel: Die im vergangenen Dezember scheinbar auf unabsehbare Zeit gescheiterte EU-Verfassung steht wieder auf der Tagesordnung.

In Vielfalt geeint?

Das vor dem Hintergrund des Irakkriegs zu Tage getretene Zerwürfnis zwischen dem "alten Europa" und den USA hat der Frage nach der politischen Identität der Europäischen Union (EU) auf unerwartet vehemente Weise neue Aktualität verliehen.

Labor Ostdeutschland

Der Osten Deutschlands ist wieder zum politischen Thema geworden. Eines, bei dem nur vordergründig die Zukunft Ostdeutschlands verhandelt wird. Untergründig geht es um tief sitzende Vorurteile und Konkurrenzängste – und das sowohl im Hinblick auf die EUOsterweiterung als auch in Bezug auf den Aufbau Ost.

Jenseits der SPD:

Die Sozialdemokraten blicken auf bittere Zeiten zurück. Nur kurz hielt das Triumphgefühl der letzten siegreichen Bundestagswahl an. Dann folgte ein demoskopischer und elektoraler Absturz in eine lang andauernde Depression, wie ihn die Wahlforschungsinstitute in der bundesdeutschen Parteiengeschichte noch nie gemessen hatten.

Wahlkampf mit der Homoehe

Bill Clinton war gerade im Amt, da vollbrachte er bereits seinen ersten kapitalen Fehler: Bevor er eine Politik auf den Weg brachte, die das Mainstream- Amerika zufrieden stellte (und dazu zählten damals wie heute soziale Fragen wie eine "Krankenversicherung für alle"), setzte er sich für die offene Anerkennung von Homosexuellen in der US-Armee ein.

Ethnonationalismus in Sri Lanka

Sri Lanka, jene Insel südlich von Indien mit ihren 19 Millionen Einwohnern, früher Paradies für Gewürze, heute Anziehungspunkt für Touristen und wegen seiner demokratischen Institutionen gepriesen, wurde zunächst von Sozialwissenschaftlern als Modell gesellschaftlicher Entwicklung entdeckt – vor allem aufgrund seiner religiösen Vielfalt aus Buddhisten (6

Whistleblowing in der Sicherheitspolitik

Anfang März 2003, wenige Tage vor Beginn des US-Krieges gegen den Irak, wurde bekannt, dass US-amerikanische Regierungsstellen unter Bruch völkerrechtlicher Abkommen1 die Telefone mehrerer UN-Delegationen in New York abgehört und auch deren sonstigen Datenverkehr überwacht hatten.2 Zweck dieser illegalen Lauschangriffe war es, wie aus einem internen Memorandum des US-Geheimd