Thema Recht

Das Imperium des Rechts

Sie sieht aus wie der Umriss eines Elefantenkopfes, jene Linie, die das Wachstum und die Menge des Vermögens darstellt, das weltweit zwischen 1980 und 2017 auf verschiedene Einkommensgruppen entfallen ist; passenderweise wird sie daher als „Elefanten-Kurve“ bezeichnet. Die breite Stirn repräsentiert 50 Prozent der Weltbevölkerung, die in den letzten 35 Jahren nur mickrige zwölf Prozent des globalen Einkommenszuwachses für sich verbuchen konnten. Von der Stirn führt eine Linie zum Rüssel hinab und von dort aus steil nach oben zu seiner erhobenen Spitze.

Leben wir in der Virokratie?

Gut ein Jahr hat uns die Pandemie inzwischen fest im Griff. Wir erleben eine Gesundheitskrise historischen Ausmaßes, mit unzähligen individuellen Tragödien, aber auch mit weitreichenden sozialen und ökonomischen Folgen. Befinden wir uns damit aber auch, wie es von zahlreichen juristischen wie nicht-juristischen Beobachtern behauptet wird, in einer Verfassungs- und Demokratiekrise?

Lübcke-Prozess: Akten zu und alle Fragen offen

Der Prozess ist beendet, die Aufklärung ist es nicht: Nach 45 Verhandlungstagen verkündete das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main am 28. Januar das Urteil im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Der geständige Hauptangeklagte, der Neonazi Stephan Ernst, wurde zu lebenslanger Haft mit anschließend drohender Sicherungsverwahrung verurteilt. Der als Mordhelfer angeklagte Markus H., auch er seit Jugendtagen ein militanter Rechtsextremer, kam mit einer Bewährungsstrafe wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz davon.

Showdown in Georgia: Trumps letztes Gefecht

In Georgia entscheidet sich, ob die US-Demokraten unter Joe Biden doch noch eine Chance haben, in den kommenden Jahren Grundlegendes zu verändern – oder ob sie an der republikanischen Blockade im Senat scheitern werden.

Völkerrechtsnihilismus mit Tradition

Nach dem Ende der dann doch kurzen Amtszeit des 45. US-Präsidenten ist die internationale Erleichterung, und speziell die in Deutschland, groß. Donald Trump hatte seit seiner Kandidatur nie einen Hehl daraus gemacht, dass es ihm nur darum ging, die USA prosperieren zu lassen und seinen Namen in den Geschichtsbüchern zu verewigen – koste es die Welt, was es wolle. Nun grassiert mit dem absehbaren Antritt der Regierung Biden die Hoffnung auf eine Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Multilateralismus.

Kaczyńskis Kulturrevolution

In Polen kündigt sich dieser Tage ein fundamentaler Kulturwandel an. Die gesellschaftliche Polarisierung erreicht mit dem „Frauenstreik“ gegen die Reform des Abtreibungsrechts einen neuen Höhepunkt. Seit langem ist die polnische Gesellschaft tief gespalten in proeuropäisch liberal-progressive und konservativ-nationale Kräfte. Medienpropaganda und Hetzkampagnen der Regierung schüren diese Polarisierung jeden Tag. Und die Bevölkerung ist zunehmend frustriert über die brüderliche Feindschaft im eigenen Land.

Das Elend von Calais: Der Brexit und die Bootsflüchtlinge

Ende September warteten britische Medien einmal mehr mit neuen Rekordmeldungen auf: Im letzten Monat, bevor herbstliche Witterung die See in der Meerenge von Dover aufwühlen würde, hatten fast 2000 Migranten in Schlauchbooten die Küste der Grafschaft Kent erreicht. Das sind mehr als im gesamten Jahr 2019, als 1892 Menschen registriert wurden. In diesem Jahr stieg ihre Zahl Monat für Monat; Anfang Oktober lag sie bei insgesamt etwa 7000. Eine „Invasion“ nennen das konservative Politiker und Boulevardzeitungen.

Karlsruhe vs. EZB: Warum wir neue EU-Verträge brauchen

Wohl noch nie hat ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) derartig viel Protest in ganz Europa ausgelöst wie das vom 5. Mai 2020 zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB).[1] Die Europarechtler sind empört, denn über EU-Recht entscheide ausschließlich der EuGH. Viele Ökonomen fürchten um die Stabilität des Euro. Politiker warnen vor dem schlechten Beispiel für andere, gemeint sind vor allem die Rechtspopulisten in Ungarn und Polen. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lässt sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland prüfen.