Afghanistan oder die Grenzen des Interventionismus
Mit dem Abzug der Truppen aus Afghanistan endet der längste Militäreinsatz in der Geschichte der Nato wie der Bundeswehr. Zeit für eine kritische Bilanz.
Mit dem Abzug der Truppen aus Afghanistan endet der längste Militäreinsatz in der Geschichte der Nato wie der Bundeswehr. Zeit für eine kritische Bilanz.
Sie sieht aus wie der Umriss eines Elefantenkopfes, jene Linie, die das Wachstum und die Menge des Vermögens darstellt, das weltweit zwischen 1980 und 2017 auf verschiedene Einkommensgruppen entfallen ist; passenderweise wird sie daher als „Elefanten-Kurve“ bezeichnet. Die breite Stirn repräsentiert 50 Prozent der Weltbevölkerung, die in den letzten 35 Jahren nur mickrige zwölf Prozent des globalen Einkommenszuwachses für sich verbuchen konnten. Von der Stirn führt eine Linie zum Rüssel hinab und von dort aus steil nach oben zu seiner erhobenen Spitze.
Klerikaler Kindesmissbrauch ist eher ein Symptom als eine Ursache der aktuellen Kirchenkrise. Womöglich handelt es sich um viel mehr als eine innerkirchliche „Krise“, nämlich um das Ende dieser Kirche, wie wir sie kannten.
Gut ein Jahr hat uns die Pandemie inzwischen fest im Griff. Wir erleben eine Gesundheitskrise historischen Ausmaßes, mit unzähligen individuellen Tragödien, aber auch mit weitreichenden sozialen und ökonomischen Folgen. Befinden wir uns damit aber auch, wie es von zahlreichen juristischen wie nicht-juristischen Beobachtern behauptet wird, in einer Verfassungs- und Demokratiekrise?
Der Prozess ist beendet, die Aufklärung ist es nicht: Nach 45 Verhandlungstagen verkündete das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main am 28. Januar das Urteil im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Der geständige Hauptangeklagte, der Neonazi Stephan Ernst, wurde zu lebenslanger Haft mit anschließend drohender Sicherungsverwahrung verurteilt. Der als Mordhelfer angeklagte Markus H., auch er seit Jugendtagen ein militanter Rechtsextremer, kam mit einer Bewährungsstrafe wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz davon.
Seit dem Aufstieg der in weiten Teilen rechtsradikalen AfD steht die Justiz vor einer Herausforderung, auf die sie nicht wirklich vorbereitet ist: den Umgang mit Richtern und Staatsanwälten mit AfD-Parteibuch, AfD-Nähe oder rechtsradikaler Gesinnung.
Hat die EU-Kommission falsch gehandelt, sich beim Kauf von Impfstoffen bzw. bei der Sicherung von Optionen zurückzuhalten und das Risiko zu streuen, wie nach Medienberichten nur allzu gerne verbreitet wird?
In der Dezember-Ausgabe plädierte der Politikwissenschaftler Moritz Kirchner in der Auseinandersetzung mit den Coronaleugnern für »Keine Toleranz der Intoleranz« und eine präventive Absage von Demonstrationen. Dem widerspricht der Jurist Wolfgang Hecker.
In Georgia entscheidet sich, ob die US-Demokraten unter Joe Biden doch noch eine Chance haben, in den kommenden Jahren Grundlegendes zu verändern – oder ob sie an der republikanischen Blockade im Senat scheitern werden.
Nach dem Ende der dann doch kurzen Amtszeit des 45. US-Präsidenten ist die internationale Erleichterung, und speziell die in Deutschland, groß. Donald Trump hatte seit seiner Kandidatur nie einen Hehl daraus gemacht, dass es ihm nur darum ging, die USA prosperieren zu lassen und seinen Namen in den Geschichtsbüchern zu verewigen – koste es die Welt, was es wolle. Nun grassiert mit dem absehbaren Antritt der Regierung Biden die Hoffnung auf eine Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Multilateralismus.
In Polen kündigt sich dieser Tage ein fundamentaler Kulturwandel an. Die gesellschaftliche Polarisierung erreicht mit dem „Frauenstreik“ gegen die Reform des Abtreibungsrechts einen neuen Höhepunkt. Seit langem ist die polnische Gesellschaft tief gespalten in proeuropäisch liberal-progressive und konservativ-nationale Kräfte. Medienpropaganda und Hetzkampagnen der Regierung schüren diese Polarisierung jeden Tag. Und die Bevölkerung ist zunehmend frustriert über die brüderliche Feindschaft im eigenen Land.
Auf »Querdenker«-Demonstrationen marschieren immer wieder zahlreiche Hooligans und Rechtsextreme mit, die sowohl Journalisten als auch Polizisten angreifen. Wie sollte eine demokratische Gesellschaft damit umgehen?
Es wäre vermessen, von der Wahl am 3. November als der wichtigsten in der US-Geschichte zu sprechen. Doch eines steht fest: Der kommende Urnengang ist der wichtigste dieses Jahrzehnts, ja vermutlich sogar dieses noch immer jungen Jahrhunderts.
Ende September warteten britische Medien einmal mehr mit neuen Rekordmeldungen auf: Im letzten Monat, bevor herbstliche Witterung die See in der Meerenge von Dover aufwühlen würde, hatten fast 2000 Migranten in Schlauchbooten die Küste der Grafschaft Kent erreicht. Das sind mehr als im gesamten Jahr 2019, als 1892 Menschen registriert wurden. In diesem Jahr stieg ihre Zahl Monat für Monat; Anfang Oktober lag sie bei insgesamt etwa 7000. Eine „Invasion“ nennen das konservative Politiker und Boulevardzeitungen.
Der sich zuspitzende Wettstreit ums All steht einer friedlichen Nutzung des Weltraums entgegen. Und er verhindert, dass Länder des globalen Südens von jenen weltraumgestützten Innovationen profitieren, die gerade sie dringend benötigen.
Im Herbst könnte ein Volksentscheid in Berlin Geschichte schreiben – und den Mietmarkt weit über die Stadt hinaus auf den Kopf stellen. Denn im September stimmen die Berliner über die landesweite Sozialisierung von Immobilienfirmen ab.
Die Organisationsstrukturen der Polizei wirken polarisierend: Freund oder Feind, Sieg oder Niederlage, Befehl und Gehorsam, Vorgesetzter und Untergebener, Recht und Unrecht. Und das hat Folgen für ihre Arbeit.
Wenn die Chilen*innen am Sonntag aufgerufen sind, über eine neue Verfassung abzustimmen, hat das gleich in zweifacher Hinsicht historischen Charakter: Nicht nur könnte per Plebiszit „die erste legitime Verfassung“ Chiles angenommen werden. Die Abstimmung fällt zudem fast auf den Tag genau mit einem historischen Datum zusammen.
Am 24. August 2020 ist Gerhard Stuby, Mitglied im Herausgeberkreis der „Blätter“ seit 1970, gestorben – ein Jurist, der die einstufige Juristenausbildung in Bremen mit aufgebaut und deren Reformansätze auch nach ihrer Einstellung immer vertreten hat.
Nach dem Motto »zwei Schritte nach vorn, einen Schritt zurück« normalisiert Orbán peu à peu seine autoritäre Politik. Seine Machtfülle hat viele Gründe – und auch die EU trägt dafür eine Verantwortung.
Am 3. November stimmen die Vereinigten Staaten darüber ab, wer künftig im Oval Office regiert. Doch Millionen US-Bürger haben ihr Stimmrecht eingebüßt, weil sie in der Vergangenheit strafrechtlich verurteilt wurden – ein Grundrechtsentzug, der vor allem schwarze Menschen trifft.
Wenn dieser Tage Hegels 250. Geburtstag begangen wird, hängt über dem Philosophen immer noch der von Karl Popper heraufbeschworene Totalitarismusverdacht. Zu Unrecht.
Insgesamt acht Fälle von Gewalt gegen Frauen hat die Anwältin Christina Clemm in ihrem neuen Buch dokumentiert. Die Lektüre von „AktenEinsicht“ hinterlässt einen gewaltigen Kloß im Hals.
Wohl noch nie hat ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) derartig viel Protest in ganz Europa ausgelöst wie das vom 5. Mai 2020 zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB).[1] Die Europarechtler sind empört, denn über EU-Recht entscheide ausschließlich der EuGH. Viele Ökonomen fürchten um die Stabilität des Euro. Politiker warnen vor dem schlechten Beispiel für andere, gemeint sind vor allem die Rechtspopulisten in Ungarn und Polen. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lässt sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland prüfen.
Am 26. Februar 2020 hat das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung getroffen, die man bereits jetzt mit Fug und Recht als historisch bezeichnen kann. Und zwar vor allem deshalb, weil sie einen historischen Bruch wieder beseitigt, den die Einfügung des § 217 in das Strafgesetzbuch im Jahr 2015 bedeutete.