Thema Parteien

Eine Klasse für sich

 "Ich kenne keine Parteien mehr", behauptete Kaiser Wilhelm II. kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs. "Ich kenne nur Deutsche." 1) In einer merkwürdigen republikanischen Wendung dieses monarchischen Satzes kennen heute viele Bürger keine Parteien mehr. Sie kennen nur noch Politiker. Welcher Partei sie angehören spielt keine Rolle.

Die SPD nach Petersberg

Die SPD befindet sich im Entscheidungsprozeß zwischen der Bewahrung ihrer Rolle als linker Reformpartei und bewußtloser Anpassung an Trends, Meinungen und Handlungsabläufe unter den Bedingungen der Mediengesellschaft. Mit den Empfehlungen vom Petersberg soll der Anpassungskurs durchgepaukt werden. Die "englische Krankheit" hat die deutsche Sozialdemokratie befallen.

Zum Tode von Petra Kellys und Gert Bastian

Am 19. Oktober wurden Petra Kelly und Gert Bastian in ihrem Bonner Haus tot aufgefunden; die Umstände ihres Todes sind bislang nicht völlig aufgeklärt. Für die Mitbegründer und ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Grünen, engagierte Kämpfer gegen Menschenrechtsverletzungen, für Frieden und ökologische Umkehr, fand am 31.

Der Durchbruch der Lega

 Am 13. Dezember wird in 62 Kommunen Italiens gewählt. Wenn am nächsten Tag die Stimmen im Norden ausgezählt sind, wird die Lega (nord-centro-sud) ihren vierten großen Wahlsieg in diesem Jahr eingefahren haben und zur stärksten Partei in den norditalienischen Kommunen geworden sein.

Last Exit Clinton

Karikaturisten sind manchmal die besten Analytiker. Edward Sorel hat es in der "Nation" vom 20. Juli 1992 vorgeführt: Ein Mann, sichtlich strapaziert, mit wirrem Blick und wild zerzaustem Haar, packt die Koffer.

Rot-Grün oder Rechtswende?

Nach "Blätter"-Gesprächen mit Kurt Biedenkopf (Heft 8/1992) und Peter Glotz (Heft 10/1992) über Wege aus der "Einigungskrise" veröffentichen wir nachstehend die Mitschrift eines Gesprächs, das Maria Zens und Karl D. Bredthauer Anfang Oktober mit Ludger Volmer, Sprecher des Bundesvorstands der Grünen, geführt haben.

Wieder in Deutschland

"In solchen Zeiten der Unsicherheit bläst mancherorts der Instinkt zum Rückzug auf das Gewohnte, das Nationalstaatliche." "Es kommt zu Spannungen, weil im allgemeinen jedes Volk sich selbst das nächste ist." Richard von Weizsäcker, Schwerin, 3. Oktober 1992 1)

Republik ohne Standfestigkeit

Rostock-Lichtenhagen im August 1992: das waren drei Skandale. Der erste bestand darin, daß die Ausschreitungen überhaupt möglich waren und von der Menge der Anwohner wohlwollend verfolgt wurden. Der zweite bestand darin, daß für einen Moment lang das staatliche Gewaltmonopol auf der Straße lag und die Polizei die Brandstifter gewähren ließ.

Oppositionsverweigerung ?

Wenn es das Ziel der Petersberger Beschlüsse der SPD-Führung war, die Voraussetzungen für sachliche Gespräche über den tatsächlichen Problemstand, Handlungsbedarf und über angemessene Lösungsmöglichkeiten zu verbessern, so stimmen die ersten Ergebnisse nicht eben zuversichtlich.

Das Perot-Syndrom

"Das Land hat ohne mich schon genügend Probleme", sagte Ross Perot, als er 1987 gefragt wurde, ob er Präsident werden wolle 1). An diesem Punkt ist er - nach mehreren Monaten Höhenflug als "inoffizieller" unabhängiger Präsidentschaftskandidat - wieder angelangt: Mitte Juli zog Perot seine nie erklärte Kandidatur zurück.

Soviel Ende war nie

Soviel Ende war nie. Die alte Bundesrepublik droht in der Einheitsfalle zu verschwinden. Mit den Zeiten relativer Homogenität und ungebrochener Prosperität ist es vorbei. Die Volksparteien geraten auf die Liste der gefährdeten Gattungen. Politikverdrossenheit macht sich breit. Die Erwartungen in die Kompetenz der Berufspolitiker schrumpfen.