Thema Geschichte

Vom Geheimdienst zur Polit-Mafia: Rumänien und der lange Schatten der Securitate

Ewigen Ruhm der rumänischen Revolution vom Dezember 1989 und ihren Helden“ – mit diesen Worten erinnert eine Gedenktafel auf dem Revolutionsplatz im Zentrum der rumänischen Hauptstadt Bukarest an die Gefallenen. Doch dreißig Jahre nach der blutigen Revolte, die über 1100 Menschen das Leben kostete und Osteuropas härteste Diktatur zerbrach, können sich die 18 Millionen Rumänen bei der Beurteilung der Ereignisse jenes gewaltträchtigen und folgenschweren Monats auf kaum mehr verständigen als auf eben diese wenigen, kargen Worte.

Deutschland reinwaschen

Versöhnung mit der Moderne, Ehrenrettung der „Entarteten Kunst“, Wiedereintritt Deutschlands in die Rolle der europäischen Kulturnationen. So lauten die Formeln, wenn die Rede auf die documenta kommt. Die 1955 gegründete „Weltkunstschau“, die alle fünf Jahre in Kassel stattfindet, gilt wie kaum ein anderes Ereignis als Ausweis der Läuterung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg und als Symbol des kulturellen Neuanfangs.

Das dunkle Deutschland

In Zeiten, in denen Verschwörungstheorien, Antisemitismus und Rechtsextremismus an Resonanz gewinnen, kann eine Bestandsaufnahme der politischen Kultur der Bundesrepublik äußerst hilfreich sein – erlaubt ein solcher Zugang doch, das in dieser politischen Kultur verwobene Spannungsverhältnis von Herrschaft und Normen auf der einen Seite und die damit verbundenen emotionalen und kognitiven Haltungen der Bevölkerung auf der anderen Seite besser zu deuten, und damit auch Krisenphänomene.

Der Hunger nach Helden

Es ist wieder von Helden die Rede und vor allem auch von Heldinnen – in einer Zeit, in der man sich von solchen Gestalten eigentlich schon verabschiedet zu haben schien; in einer Epoche, die den kriegerisch und maskulin geprägten Heldenfiguren der Vergangenheit zutiefst misstraut und sich darum als „postheroisch“ betrachtet. Aber die Coronakrise hat eine scheinbar ganz neue Form heroischer Charaktere hervorgebracht: Es sind Krankenpfleger und Kassiererinnen im Supermarkt, die sich dauernd einem hohen Infektionsrisiko aussetzen.

Die schleichende Bedrohung

„Das Wort ‚Faschismus‘, das reflexartig jedes Mal fällt, wenn wir vor einem politischen Akt stehen, der uns autoritär erscheint, […] ruft immer zugleich die Reaktion hervor: Was für eine Übertreibung! Wo sind die Schlägerhorden der Schwarzhemden? Wo sind die Sondergerichte?“ Dies sind die einleitenden Worte des italienischen Schriftstellers und Journalisten Roberto Saviano zu dem Buch „Der ewige Faschismus“ seines Landsmannes Umberto Eco. Eco hatte 2006 öffentlich zum Schutz Savianos aufgerufen, als dieser von der Mafia wegen seines Buches „Gomorrha“ mit dem Tode bedroht wurde.

»Am deutschen Wesen«

Zu Beginn des Jahres sorgte der ehemalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel mit einem erstaunlichen Tweet für Aufsehen: „In der Welt harter Interessenpolitik erreichen manchmal die Interessenlosen mehr. Wir haben Stärkeres als Waffen & Geld: Legitimität! Wir waren nicht am Libyen-Krieg beteiligt u. nie Kolonialstaat. Gut, dass Deutschland Libyen nicht den Autokraten überlässt.“ Das Zitat zeugt von einer erstaunlichen Geschichtsvergessenheit.

Zerstrittene Staaten von Amerika

Eine Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika auf 1100 Seiten: Es ist ein anspruchsvolles Vorhaben, das die Historikerin Jill Lepore in ihrem Buch „Diese Wahrheiten“ verfolgt. Aber sie hat es mit Bravour eingelöst. Lepore ist eine glänzende, publikumszugewandte Autorin: Man merkt ihrem Buch an, dass sie einerseits eine profilierte Wissenschaftlerin ist – Professorin für amerikanische Geschichte in Harvard –, aber andererseits auch regelmäßig für den „New Yorker“ schreibt; in den USA ist sie eine prominente journalistische Stimme und Kommentatorin.

Prostitution als NS-Kriegsmittel

Über Prostitution zu schreiben, bedeutet, sich in ein gesellschaftliches Minenfeld zu begeben. Und über Prostitution in Wehrmachtsbordellen zu schreiben, ist gleich doppelt schwierig. Denn hier geht es nicht nur um die Frage, was Prostitution ihrem Wesen nach ist, sondern auch darum, inwiefern Prostitution als Kriegsmittel und Teil der Besatzungspolitik Nazi-Deutschlands gewertet werden muss.

Vom Nutzen und Vorteil der Religion für die Vernunft

Wenn zu Beginn der 20er Jahre des einundzwanzigsten Jahrhunderts der 1929 geborene Jürgen Habermas mit „Auch eine Geschichte der Philosophie“ ein voluminöses Werk von über 1700 Seiten vorlegt, dann ist das zugleich weniger und mehr als die Summe seines bisherigen Schaffens.[1] Weniger, weil Habermas keineswegs all das referiert, was er seit seinen ersten bahnbrechenden Publikationen, etwa dem „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (1962), „Erkenntnis und Interesse“ (1968) sowie der bisher als systematisches Hauptwerk geltenden „Theorie des kommunikativen Handelns“ (1981) publiziert hat; mehr,

Mythos Erhard: Die Legende vom deutschen Wirtschaftswunder

Vor bald 75 Jahren ging der Zweite Weltkrieg zu Ende. Danach soll Westdeutschland, so will es die Legende, ein einzigartiges „Wirtschaftswunder“ erlebt haben, das allein der Währungsreform zu verdanken sei. Und wie in jedem Märchen gibt es dabei auch einen Helden: Ludwig Erhard. Selbst Grüne lassen sich inzwischen mit seinem Konterfei abbilden.

30 Jahre 1989: Die doppeldeutige Revolution

Für die politischen Ereignisse, die im Herbst 1989 ihren Anfang nahmen und nach einem turbulenten Jahr am 3. Oktober 1990 mit dem Beitritt zur Bundesrepublik das Ende der DDR besiegelten, haben sich in der kollektiven Wahrnehmung zwei konkurrierende Bezeichnungen und ein weltweit anerkanntes Ereignis von symbolischer Wirkung festgesetzt.

Wut schlägt Scham

Es ist eine erstaunliche Koinzidenz: Während die AfD mit „Vollende die Wende“ nicht „nur“ die friedliche Revolution für sich reklamiert, sondern mit der Revolutionsparole „Wir sind das Volk“ zugleich behauptet, für die gesamte DDR-Bevölkerung zu sprechen, versucht – stellvertretend für viele ähnlich agierende Medien –