Kohl und die Einheit: Eine Bilanz
Das mußte ja so kommen. Um seinen mehr als fragwürdigen Umgang mit den Finanzen der CDU aus dem öffentlichen Bewußtsein zu verdrängen, läßt sich Helmut Kohl als "Kanzler der Einheit" feiern.
Das mußte ja so kommen. Um seinen mehr als fragwürdigen Umgang mit den Finanzen der CDU aus dem öffentlichen Bewußtsein zu verdrängen, läßt sich Helmut Kohl als "Kanzler der Einheit" feiern.
Historisierung, recht verstanden, ist nichts anderes als das Geschäft der Geschichtswissenschaft. Ereignisse, Strukturen, Prozesse werden in ihren zeitlichen Kontexten gedeutet, periodisiert, im Verhältnis von Kontinuitäten und Brüchen verortet.
Man wird kaum irgendwo in zeitgeschichtlichen Darstellungen unserer Epoche so viel ideologisch Zurechtgebogenes, Geschöntes oder als unabänderlich Deklariertes1 finden wie in den Reden und Darstellungen zur Eingliederung der ehemaligen DDR in die westdeutsche Bundesrepublik; angefangen mit der Behauptung, Helmut Kohl sei der „Kanzler der Einheit“ gewesen.
Die Nachbarn reiben sich die Augen: Wieder einmal geht das Gespenst des Rechtsradikalismus um in Deutschland, und eine parteiübergreifende Koalition von aufgeschreckten Politikern verlangt schnellstens "Maßnahmen" (bis hin zu Schnell- alias Standgerichten).
Mit der Ausweitung des DM-Währungsgebietes auf die DDR am 1. Juli 1990 war zugleich die kompromißlose und rasche Integration in das westdeutsche Wirtschafts-, Sozial- und Rechtssystem besiegelt. "Und das war schon ein unerhörter Vorgang, daß eine Währung die politische und staatliche Einheit praktisch unausweichlich machte".
Egon Bahr, Leiter des Planungsstabes im Auswärtigen Amt in der Zeit der Großen Koalition von 1967 bis 1969 und später Bundesminister für besondere Aufgaben unter Bundeskanzler Willy Brandt, gilt als einer der Architekten der Entspannungspolitik und war u.a.
Nach der vom Bundesverfassungsgericht gegen CDU/CSU, FDP und SPD erzwungenen Veränderung des Wahlgesetzes für die ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen beschloss die PDS im September 1990 Hals über Kopf ihre Ausweitung in die "alten" Bundesländer.
Man weiß nicht, was schlimmer ist: Daß für die Verkündung des Urteils in dem Strafprozeß gegen Egon Krenz, Günter Schabowski und Günther Kleiber beim Bundesgerichtshof ein Tag wie der 8. November bewußt ausgesucht oder gar vereinbart wird - oder daß das Gericht, dienstfertig und dem Zeitgeist verfallen, das Datum instinktiv fand?
Die Verwandlung des abgeschlossenen DDR-Experiments in eine Genrekonvention fürs Kino ist offenbar nur in der Form der Komödie möglich. Leander Haußmanns Film Sonnenallee bringt für eine westlich-siegesgewisse Nachvereinigungs-Öffentlichkeit auf den Klischee-Begriff, was von der DDR im Verwertungsprozeß noch zum Plot-setting taugt.
Dieses Interview hat zwei Anlässe, der eine objektiver, der andere subjektiver Art. Zu den vielen 50. und 10. Jahrestagen kommt am 9. November der Tag der "Maueröffnung". Und am 23. November wird "Blätter"-Mitherausgeber Günter Gaus 70.
An ihren Erfolgen oder Mißerfolgen beim Abbau der Massenarbeitslosigkeit will sich die rot-grüne Koalition messen lassen.
Der Karikaturist Haitzinger, auch sonst nicht durch ein Übermaß an Feingefühl beruflich behindert, machte die Sache auf seine Weise deutlich: Er legte Gregor Gysi auf den Operationstisch des Schönheitschirurgen Dr. Lafontaine.
In ihrer Koalitionsvereinbarung versichert die rot-grüne Bundesregierung, daß sie die Förderung der ostdeutschen Wirtschaft "ohne Wenn und Aber fortsetzen" und zu diesem Zweck ein "Aufbauprogramm Z u k u n f t O s t durchführen" werde.
Wer in der DDR gelebt hat, kann sich erinnern an die offizielle Propaganda vom "Sieg des Sozialismus", von seinen gewaltigen "Errungenschaften" und an die von den Ideologen immer mal wieder hin und her gewendete Frage, wie herrlich weit wir es denn nun gebracht hätten: ob wir uns denn noch im Sozialismus als einer "relativ eigenständigen geschic
Vermutlich war Erich Mielke der einzige, dem die allermeisten ehemaligen DDR-Bürger eine Strafe gegönnt hätten, Siegerjustiz hin oder her. Nun hat der Rechtsstaat gesprochen: Haftentschädigung. Daß Mielke die Polizistenmorde von 1931 verbüßte, fand der Rechtsstaat richtig und vordringlich.
Der Schock sitzt tief. 50% der Wähler haben nicht nur die Union abgewählt, sondern auch einer neuen gesellschaftlichen Mehrheit zu Macht verholfen. Und diese Mehrheit setzt auf staatliche Umverteilung, Interventionspolitik und Abkehr von Deregulierung und Globalisierung. Es ist eine Jospin-Mehrheit, keine Blair-Mehrheit.
Im Wahlkampf haben Helmut Kohl und Gerhard Schröder kaum einen ostdeutschen Marktplatz ausgelassen, denn sie gingen davon aus, daß der Osten wahlentscheidend ist. Zwar zählt 1% in Bayern oder Nordrhein-Westfalen bekanntlich ein Mehrfaches von 1% in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern.
In der Zeit des McCarthyismus herrschte der Verdacht über den Beweis.
Bereits am Abend der Wahl in Sachsen-Anhalt hatten Hintze & Co die Sprachregelung ausgegeben, daß "Extremisten von links und rechts" nun im Magdeburger Landtag vertreten seien und von dort die Grundlagen von Demokratie und Rechtsstaat untergruben. PDS gleich DVU, Sozialisten gleich Faschisten?
Kurz vor den Bundestagswahlen überschlagen sich die Regierungsparteien in dem Bemühen, die Keime künftiger, verheißungsvoller Entwicklungen ins rechte Licht zu rücken.
Der Ausgang der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Ende April hat selbst die politischen Experten vor Ort überrascht. Als eine Woche vor der Abstimmung Meinungsumfragen der DVU plötzlich 5% gaben, gestand Ministerpräsident Reinhard Höppner, damit "überhaupt nicht gerechnet" zu haben. Am Ende bekam die rechtsradikale Partei fast das Dreifache: 12,9%.
Ob die Einheit seit 1990 die Spaltung Deutschlands eher vertieft, Ost- und Westdeutsche einander erst recht entfremdet habe, wird heute häufig gefragt. Wolfgang Benz kehrt in seinem Titel "Einheit durch Spaltung?" die Frage um.
12,9% DVU-Stimmen in Sachsen-Anhalt. Eine der NSDAP abgeschaute Inszenierung der NPD-Jugend am 1. Mai 1998 in Leipzig. Die hilflose Rhetorik der politischen Klasse von "Protestwahl" und gegenseitiger Schuldzuschreibung im Konkurrenzritual.
Ameisen sind wundersame Wesen. Sie sind extrem klein, und doch können sie das zigfache ihres eigenen Körpergewichts schleppen. So ein Ameisenstaat funktioniert tadellos. Für die PDS ein optimales Vorbild. Die Fünf-Prozent-Hürde kann bei Bundestagswahlen bekanntermaßen durch das Erlangen dreier Direktmandate unterlaufen werden.
I Was hindert den Menschen, sich schwierigen Einsichten rechtzeitig zu stellen und entsprechend zu handeln?